Ergänzungen Thüringens zu den Anwendungshinweisen des BMI zu § 60b AufenthG:
1. Bevor die Ausländerbehörde aufgrund mangelnder Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten negative aufenthaltsrechtliche Konsequenzen zieht, muss sie die Mitwirkungspflicht gegenüber Betroffenen konkretisieren und aktualisieren.
2. Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres soll keine "Duldung light" erteilt werden. Jugendliche zwischen Vollendung des 14. und Vollendung des 18. Lebensjahres können lediglich die Tatbestandsmerkmale "eigene Täuschung über seine Identität und Staatsangehörigkeit" und "eigene falsche Angaben" verwirklichen. Handlungen der Eltern sind in der Regel nicht zurechenbar.
3. Kommen zur Verletzung der Mitwirkungspflicht weitere Gründe hinzu, die einer Abschiebung entgegenstehen, fehlt es an der erforderlichen Kausalität und eine "Duldung light" kann nicht erteilt werden (ausdrücklich entgegen der Auffassung des BMI). Auch die Durchführung eines Härtefallverfahrens nach § 23a AufenthG steht der Erteilung einer "Duldung light" entgegen, da ein Duldungsgrund besteht.
4. Nach rechtskräftiger Ablehnung eines Asylantrags sind Betroffene im direkten Anschluss an die Aufenthaltsgestattung über ihre bestehenden Mitwirkungspflichten zu belehren, für deren Erfüllung sie sechs Monate Zeit haben. Erst danach kann eine "Duldung light" ausgestellt werden. Die Belehrung muss sich auch explizit auf die besondere Passbeschaffungspflicht des § 60b AufenthG beziehen. Geht die Ausländerbehörde von einer Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder sonstigen falschen Angaben aus, muss sie Betroffenen genau aufzeigen, welche Anhaltspunkte dem zugrunde liegen, damit eine Heilung von Pflichtverletzungen möglich bleibt.
5. "Sonstige falsche Angaben" im Sinne des § 60b Abs. 1 S. 1 AufenthG umfassen nur Angaben, die einen Bezug zur Identität oder Staatsangehörigkeit haben.
6. Die Kosten, die mit der besonderen Passbeschaffungspflicht des § 60b AufenthG einhergehen, können durch Gewährung unterstützender Leistungen nach § 6 AsylbLG aufgefangen werden (z.B.: Reisekosten bei persönlicher Erscheinungspflicht bei Behörden oder Sprachmittlungs- und Übersetzungskosten).
7. Nach der Vorlage von Dokumenten, welche die Unmöglichkeit der Passbeschaffung glaubhaft machen, kann die "Duldung light" in der Regel nicht mehr erteilt werden.
8. Weitere Ausführungen zur Glaubhaftmachung der Erfüllung von Mitwirkungspflichten durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, Formvorschriften der Ausländerbehörden sowie konkreten Rechtsfolgen der Erteilung der "Duldung light" hinsichtlich der Unterbrechung von Duldungszeiträumen, des Verbots der Erwerbstätigkeit und der Änderung der Wohnsitzauflage.
(Zusammenfassung der Redaktion; unter Bezug auf BMI-Anwendungshinweise, Behördliche Mitteilung vom 14.04.2020 - - asyl.net: M28354)
Wir verweisen auf den Text des pdf-Dokuments.