EuGH

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Zitieren als:
EuGH, Urteil vom 22.06.2021 - C-719/19 FS gg. Niederlande - asyl.net: M29849
https://www.asyl.net/rsdb/m29849
Leitsatz:

Wird der Aufenthalt einer zuvor freizügigkeitsberechtigten Person in einem Mitgliedstaat beendet, so reicht es nicht aus, dass sie für eine gewisse Zeit diesen Staat verlässt, um danach wieder einzureisen und ein neues Freizügigkeitsrecht zu begründen. Sie muss darlegen, dass sie ihren Aufenthalt tatsächlich beendet hat, z.B. durch Kündigung des Mietvertrages, der Krankenversicherung u.ä. Andernfalls kann sie der Aufnahmemitgliedstaat auf der Grundlage der alten Ausweisungsverfügung erneut zur Ausreise auffordern

(Leitsätze der Reaktion)

Schlagwörter: EU-Staatsangehörige, Ausweisung, Ausreise, freiwillige Ausreise, Freizügigkeitsrecht, FS gg. Niederlande
Normen: RL 2004/38/EG Art. 15, RL 2004/38/EG Art. 6
Auszüge:

[...]

Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass eine auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassene Entscheidung über die Ausweisung eines Unionsbürgers aus dem Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats, die mit der Begründung ergangen ist, dass dieser Unionsbürger kein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in diesem Hoheitsgebiet nach dieser Richtlinie mehr genieße, nicht schon allein deshalb, weil dieser Unionsbürger das Hoheitsgebiet physisch innerhalb der in dieser Entscheidung gesetzten Frist für seine freiwillige Ausreise verlassen hat, vollständig vollstreckt ist. Um ein neuerliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie im selben Hoheitsgebiet in Anspruch nehmen zu können, muss der Unionsbürger, gegen den eine solche Ausweisungsverfügung ergangen ist, nicht nur physisch das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats verlassen haben, sondern auch seinen Aufenthalt in diesem Hoheitsgebiet tatsächlich und wirksam beendet haben, so dass bei seiner Rückkehr in dieses Hoheitsgebiet nicht davon ausgegangen werden kann, dass sein Aufenthalt in eben diesem Hoheitsgebiet fortbesteht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände, die die besondere Situation des betreffenden Unionsbürgers kennzeichnen, der Fall ist. Ergibt eine solche Prüfung, dass der Unionsbürger seinen vorübergehenden Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats nicht tatsächlich und wirksam beendet hat, ist dieser Mitgliedstaat nicht verpflichtet, auf der Grundlage desselben Sachverhalts, der zu der gegen diesen Unionsbürger ergangenen Ausweisungsverfügung geführt hat, eine neuerliche Ausweisungsverfügung zu erlassen, sondern er kann sich auf die bereits ergangene Entscheidung stützen, um ihn zu verpflichten, sein Hoheitsgebiet zu verlassen. [...]