VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2021 - 11 S 2891/20 - asyl.net: M29707
https://www.asyl.net/rsdb/m29707
Leitsatz:

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels:

"Der Rechtsbehelf des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels, die die zuvor eingetretene Fiktionswirkung des 81 Abs. 4 AufenthG erlöschen lässt, ist auch dann statthaft, wenn der Aufenthaltstitel, auf dessen Grundlage die Fiktionswirkung eingetreten ist, durch eine mit der Ablehnung der Verlängerung oder Erteilung verbundene und nicht vollziehbare Rücknahme erlischt.

§ 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 AufenthG ist auf Kinder beschränkt, die mit dem Ehegatten und dem Stammberechtigten vor Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt haben. Kinder des Ehegatten, die aus einer anderen Beziehung stammen, fallen nicht darunter."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Fiktionswirkung, Rechtsbehelf, Suspensiveffekt, statthafte Antragsart,
Normen: VwGO § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO, AufenthG § 81 Abs. 4, AufenthG § 31 Abs. 2 S. 2 Alt. 2, AufenthG § 31 Abs. 2 S. 3 AufenthG
Auszüge:

[...]

9 1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Ergebnis zurecht insoweit als statthaft angesehen, als er sich gegen die Ablehnung der Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung von Aufenthaltstiteln richtet (a)), hinsichtlich der verfügten Rücknahme der bisherigen Aufenthaltserlaubnis dagegen als unstatthaft (b)).

10 a) Der Antrag ist statthaft, soweit er sich gegen die Ablehnung der Verlängerung bzw. Erteilung eines Aufenthaltstitels in Ziffern 2 und 3 des angegriffenen Bescheids richtet. Dem steht nicht entgegen, das die Aufenthaltserlaubnis, die Grundlage der eingetretenen Fortgeltungsfiktion (§ 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) war, durch Ziffer 1 desselben Bescheids zurückgenommen worden ist. Der Rechtsbehelf des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist statthaft, wenn Eilrechtsschutz gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels begehrt wird, die die zuvor eingetretene Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG erlöschen lässt (dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 15). Das gilt auch dann, wenn der Aufenthaltstitel, auf dessen Grundlage die Fiktionswirkung eingetreten ist, durch eine mit der Ablehnung der Verlängerung oder Erteilung verbundene und nicht vollziehbare Rücknahme erlischt (so im Ergebnis bereits VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.06.2011 - 11 S 1305/11 -, juris Rn. 14, und OVG NRW, Beschluss vom 20.12.2018 - 18 B 1083/17 -, juris Rn. 4 ff.; für den Fall der nicht vollziehbaren Ausweisung auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, Rn. 15). [...]

19 b) Dagegen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht statthaft, soweit er sich gegen die Rücknahme der vom 23. September 2015 bis 22. September 2018 gültig gewesenen Aufenthaltserlaubnis richtet. Der Widerspruch des Antragstellers gegen die Rücknahme entfaltet bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) und darf daher nicht vollzogen werden. Für eine entsprechende gerichtliche Anordnung ist daher kein Raum. [...]

38 (3) Eine besondere Härte liegt auch nicht mit Blick auf die behauptete neue Beziehung des Antragstellers zu einer deutschen Staatsangehörigen und deren Kindern vor. Zwar zählt gemäß § 31 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu den schutzwürdigen Belangen im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Diese Bestimmung ist jedoch auf Kinder beschränkt, die mit dem Ehegatten und dem Stammberechtigten vor Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt haben. Kinder des Ehegatten, die aus einer anderen Beziehung stammen, fallen nicht darunter. [...]