Voraussetzungen einer Wohnungsdurchsuchung zum Zweck der Abschiebung:
1. Eine Wohnungsdurchsuchung zum Zweck der Abschiebung im allgemeinen ist zulässig, wenn zu befürchten ist, dass die Abschiebung andernfalls vereitelt wird, z.B. wenn sich die betroffene Person bei einem früheren Abschiebungsversuch in der Wohnung verborgen gehalten hat und die Abschiebung daher nicht möglich war oder es Anhaltspunkte gibt, dass die Abschiebung aus anderen Gründen sonst scheitern könnte.
2. Eine Wohnungsdurchsuchung zur Nachtzeit ist zulässig, wenn die Abschiebung aus organisatorischen Gründen (Abflugzeit, ärztliche Begleitung) nicht zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden kann.
(Leitsätze der Redaktion)
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Rechtsgrundlage der beantragten Anordnung für die Durchsuchung der Wohnräume der Antragsgegner zur Nachtzeit ist § 58 Abs. 6 Sätze 1 und 3, Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 sowie Abs. 8 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 58 Abs. 6 AufenthG kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert (Satz 1). Die Wohnung umfasst dabei die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum (Satz 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 2). Nach § 58 Abs. 7 AufenthG darf die Wohnung zur Nachtzeit nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird (Satz 1). Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1 (Satz 2).
Dabei dürfen Durchsuchungen nach Absatz 6 - sei es zur Tag- oder Nachtzeit - nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde, angeordnet werden (§ 58 Abs. 8 Satz 1 AufenthG). [...]
Der Zweck der Durchführung der Abschiebung erfordert auch die Durchsuchung. Für die Anordnung der Durchsuchung einer Wohnung ist es regelmäßig erforderlich, dass die Vollstreckungsmaßnahme bereits einmal daran gescheitert ist, dass sich der Betroffene in seiner Wohnung verborgen gehalten hat, oder dass aufgrund sonstiger Umstände konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die geplante Maßnahme hieran scheitern könnte (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 13. April 2012- I-15 W 131/12 -, juris, Rn. 14, und vom 27. Mai 2004 - 15 W 307/03 -, juris, Rn. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 22 I 28/20 -, juris, Rn. 30; VG Freiburg, Beschluss vom 2. März 2007- 2 K 633/07 -, juris, Rn. 6; a. A. OVG Bremen, Beschluss vom 5. August 2019 - 2 F 211/19 -, juris, Rn. 14). [...]
Auch die besonderen Voraussetzungen für eine Durchsuchung zur Nachtzeit sind gegeben. Der Senat geht dabei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 104 Abs. 3 StPO (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. März 2019- 2 BvR 675/14 -, juris, Rn. 58, 63 ff.) sowie der über § 173 Satz 1 VwGO im Verwaltungsprozess Anwendung findenden Bestimmung des § 758a Abs. 4 Satz 2 ZPO davon aus, dass die Nachtzeit ganzjährig die Stunden von 21 bis 6 Uhr umfasst. Diese ist hier betroffen. Die Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegner ist für 4 Uhr angesetzt.
Die Durchsuchung zu dieser Nachtzeit ist zulässig, weil Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung der Antragsgegner zum Zwecke ihrer Abschiebung andernfalls vereitelt wird.
Die Antragsgegnerin hat hierzu (jedenfalls im Beschwerdeverfahren) die notwendigen Tatsachen vorgetragen und entsprechende Belege eingereicht. Danach ergibt sich folgendes Bild: Als von deutschen Behörden nicht zu beeinflussender Umstand steht fest, dass die albanischen Behörden aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie eine Landung in Tirana nur bis 12 Uhr akzeptieren. Ferner sind aufgrund des Krankheitsbildes der Antragsgegnerin zu 2. Schutzmaßnahmen bzw. Sicherheitsvorkehrungen zu ergreifen, um eine ernsthafte Selbstgefährdung bei der Abschiebung wirksam auszuschließen. Hierzu gehören eine durchgehende ärztliche Begleitung während der Abschiebung sowie eine durchgehende Beaufsichtigung durch Beamte der Bundespolizei bzw. Ausländerbehörde. Mithin ist die Schlussfolgerung der Antragstellerin, die Erfüllung der vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen sei - gerade angesichts der aktuellen Pandemiesituation - nur im Rahmen einer Sammelchartermaßnahme möglich, mehr als nachvollziehbar. [...]