Anordnung von Zuückweisungshaft gem. § 15 Abs. 5 AufenthG nach Kontrolle an einer Binnengrenzen unzulässig:
1. Die Anordnung von Zuückweisungshaft gem. § 15 Abs. 5 AufenthG, die keinen Haftgrund erfordert, ist europarechtswidrig.
2. Liegen jedoch Haftgründe nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 3 AufenthG bzw. erhebliche Fluchtgefahr nach Art. 28 II Dublin III-VO vor, ist die Zurückweisungshaft rechtmäßig.
(Leitsätze der Redaktion, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 19.03.2019 - C-444/17 Arib gg. Frankreich - Asylmagazin 5/2019, S. 198 ff. - asyl.net: M27098)
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Beim Vollzug einer Zurückweisung in den für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Art. 28 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nur angeordnet werden darf, wenn zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Voraussetzungen erhebliche Fluchtgefahr nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO i.V.m. § 2 Abs. 14, § 62 Abs. 3a und 3b AufenthG vorliegt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 - XIII ZB 65/19, InfAuslR 2020, 385, und BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020 - XIII ZB 81/19, juris). [...]
Die Anordnung von Zurückweisungshaft nach § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG setzt auch bei einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union weder eine vollziehbare Ausreisepflicht noch eine Abschiebungsandrohung voraus (Anschluss an BGH, Beschluss vom 12. April 2018 - V ZB 164/16, NVwZ 2018, 1583; Klarstellung zu BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020 - XIII ZB 81/19, juris Rn. 16). [...]