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LG Mosbach

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Zitieren als:
LG Mosbach, Beschluss vom 05.03.2020 - 3 T 42/19 - asyl.net: M28189
https://www.asyl.net/rsdb/m28189
Leitsatz:

Einstweilige Haftanordnung zum Zwecke der Festnahme bedarf grundsätzlich vorheriger Anhörung:

Ist die Festnahme einer Person bekannt und ihr Aufenthaltsort bekannt und soll gemäß § 427 FamFG im Wege der einstweiligen Anordnung die Freiheitsentziehung angeordnet werden, so muss das Gericht die Person grundsätzlich anhören. Die allgemeine Gefahr, sie werde die Ladung zur Anhörung zum Erlass der einstweiligen Anordnung beim Amtsgericht zum Anlass nehmen, unterzutauchen, reicht nicht aus, um auf eine vorherige Anhörung zu verzichten.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Untertauchen, Anhörung, einstweilige Anordnung, geplante Festnahme, Ingewahrsamnahme, Gefahr im Verzug
Normen: FamFG § 427, FamFG § 427 Abs. 2 S. 1,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist begründet. Es ist daher festzustellen, dass der Beschluss vom 30.09.2019 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Ist der Aufenthalt des Betroffenen bekannt oder wird in anderer Weise seine Festnahme konkret geplant, bedarf es dazu einer vorherigen vorläufigen richterlichen Haftanordnung. Dabei kommen insbesondere Fälle in Betracht, in denen die Behörde befürchtet, dass der Betroffene im Regelverfahren die Ladung zu einem Anhörungstermin mit der Mitteilung des Haftantrags dazu benutzen wird, sich nunmehr der Abschiebung zu entziehen. Eine solche Sachlage kann im Einzelfall die Annahme von Gefahr im Verzug nach § 427 Abs. 2 FamFG rechtfertigen, muss jedoch in der gerichtlichen Entscheidung näher begründet werden. Dafür kann nicht ausreichen, dass bei einer Vorladung eines Ausländers zur persönlichen Anhörung über einen Haftantrag der Behörde allgemein die Gefahr besteht, dass der Betroffene sich dem Verfahren durch Untertauchen entzieht (Göbel in Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 427 FamFG Rn. 13 mit weiteren Nachweisen). Beispielsweise kann Gefahr im Verzug bejaht werden, wenn es der Behörde nach vorausgegangenen Falschangaben des Betroffenen gelingt, seine persönliche Identität festzustellen und für ihn Heimreisepapiere zu beschaffen. Dies gilt insbesondere, wenn die Behörde in einer solchen Situation Ausreisegewahrsam nach § 62b Aufenthaltsgesetz beantragen will (Göbel in Keidel, FamFG, 20. Aufl.,§ 427 FamFG Rn. 14).

Die Voraussetzungen des § 427 Abs. 2 FamFG, unter denen ohne vorherige persönliche Anhörung des Betroffenen eine Freiheitsentziehung angeordnet werden kann, lagen im vorliegenden Fall nicht vor. Die einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 30.09.2009 hätte daher nicht ergehen dürfen. Die Voraussetzungen des § 427 Abs. 2 FamFG wurden in der Antragsschrift des Regierungspräsidiums vom 27.09.2019 lediglich damit begründet, dass sich der Betroffene trotz Ablaufs der Ausreisefrist von erheblicher Dauer weiter im Bundesgebiet aufhalte. Er sei keinesfalls gewillt, dieses freiwillig zu verlassen. Er habe mit diesem Verhalten verdeutlicht, dass er nicht gewillt sei, aufenthaltsbeendende Maßnahmen hinzunehmen. Die Anordnung des Ausreisegewahrsams sei ein weitreichenderer Eingriff als die bloße Abschiebung. Es könne daher nicht erwartet werden, dass der Betroffene freiwillig zu einem von dem Gericht zu bestimmenden Termin zur Entscheidung über eine mögliche Gewahrsamsanordnung erscheinen werde, wenn er sich schon vorher der drohenden Aufenthaltsbeendigung entzogen habe. Es drohe daher die Gefahr, dass er die Ladung gegebenenfalls zum Anlass nehmen wird, um unterzutauchen. Damit sind aber keine konkreten Umstände des Einzelfalles benannt, die im vorliegenden Fall den Verdacht begründet hätten, dass sich der Betroffene der Anordnung des Ausreisegewahrsams entziehen will. Vielmehr wird damit lediglich die allgemeine Gefahr beschrieben, die in allen derartigen Fällen besteht, wenn ein Ausländer zu einer persönlichen Anhörung über einen Haftantrag zur Vorbereitung der Abschiebung vorgeladen wird. Diese allgemeine Gefahr, die in derartigen Fällen immer besteht, genügt aber für die Annahme der Voraussetzungen des § 427 Abs. 2 FamFG nach der oben genannten Kommentierung und der dort zitierten Rechtsprechung nicht. Im vorliegenden Fall ist lediglich der Regelfall beschrieben, dass ein Ausländer trotz bestehender Ausreisepflicht nicht freiwillig das Bundesgebiet verlässt. Dies ist aber ein Umstand, der in jedem Fall einer Abschiebung vorliegt und daher die Annahme der Gefahr im Verzug im Sinne von § 427 Abs. 2 FamFG nicht rechtfertigen könnte. [...]