Bestimmung des Geburtsnamens bei nicht nachgewiesener Identität der Eltern:
"1. Die Bestimmung des Geburtsnamens nach § 1617b Abs. 1 BGB richtet sich auf den vom Elternteil, dessen Name dem Kind erteilt werden soll, rechtmäßig zu führenden Namen. Wenn dieser nicht dem tatsächlich geführten und im Personenstandsregister eingetragenen Namen entspricht, steht dies der Wirksamkeit der Bestimmungserklärung nicht entgegen.(Rn.19)
2. Ist der vom Elternteil zu führende Name nicht nachgewiesen, so ist im Geburtenregister als gewählter Geburtsname des Kindes der vom Elternteil tatsächlich geführte Name mit dem einschränkenden Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" zu beurkunden (Fortführung von Senatsbeschluss vom 23. Januar 2019 - XII ZB 265/17, BGHZ 221, 1 = FamRZ 2019, 614).(Rn.17)"
(Amtliche Leitsätze)
[...]
2 Das betroffene Kind wurde im Juni 2016 von der Beteiligten zu 1 geboren. Diese gab an, syrische Staatsangehörige und mit dem Beteiligten zu 2 verheiratet zu sein. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Da sie weder Staatsangehörigkeit, Identität noch Eheschließung nachweisen konnten, wurde die Geburt des Kindes mit dem Geburtsnamen der Mutter und dem Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesene" beurkundet. Am 17. August 2018 erkannte der Beteiligte zu 2 die Vaterschaft mit Zustimmung der Beteiligten zu 1 an und gab zusammen mit ihr eine Sorgeerklärung ab. Am 5. September 2018 gaben sie die Namenserklärung nach § 1617 b Abs. 1 BGB ab und wählten den Familiennamen des Vaters, den auch ihre zwei älteren Kinder führen, zum Geburtsnamen des Kindes. Sie begehren die entsprechende Beurkundung im Geburtenregister. [...]
14 bb) Die Wirksamkeit der Namenserteilung nach § 1617 b Abs. 1 BGB scheitert nicht daran, dass der gewählte Name des Beteiligten zu 2 nicht als "geführter Name" nachgewiesen ist. Diese Frage ist allerdings umstritten.
15 (1) Nach einer Auffassung setzt eine Namenserteilung für das Kind voraus, dass die Identität des Elternteils, dessen Name das Kind erhalten soll, zweifelsfrei geklärt ist. Dies sei nicht der Fall, wenn seine Personalien ausschließlich auf eigenen Angaben beruhen (OLG München StAZ 2018, 89, 90; LG Kiel StAZ 2011, 185, 186; AG Tübingen StAZ 2016, 313; AG Paderborn StAZ 2010, 335; vgl. auch OLG Hamm StAZ 2011, 242, 243; Palandt/Götz BGB 80. Aufl. § 1617a Rn. 7; jurisPK-BGB/Schwer [Stand: 15. Oktober 2019] § 1617 a Rn. 8).
16 Demgegenüber vertreten andere mit dem Oberlandesgericht die Auffassung, dass die Namenserteilung auch bei ungeklärter Namensführung des Elternteils, dessen Name bestimmt wird, zulässig und mit einem darauf bezogenen einschränkenden Zusatz im Geburtenregister einzutragen ist (KG StAZ 2018, 217, 218 f.; AG Rottweil FamRZ 2010, 220; Staudinger/Lugani BGB [2020] § 1617 Rn. 21a).
17 (2) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Den aufgrund der nicht nachgewiesenen Namensführung verbleibenden Unsicherheiten hat das Oberlandesgericht durch die Anordnung eines einschränkenden Zusatzes ausreichend Rechnung getragen.
18 (a) Nach §§ 1617 b Abs. 1 Satz 4, 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmen die Eltern durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes. Mit dem geführten Namen ist nach einhelliger Auffassung der rechtmäßig zu führende Name gemeint. Welcher Name vom Namensträger tatsächlich geführt wird, ist dagegen unerheblich (MünchKommBGB/v. Sachsen Gessaphe 8. Aufl. § 1617 Rn. 18; BeckOGK/Kienemund [Stand: 11. November 2020] § 1617 BGB Rn. 33; Staudinger/Lugani BGB [2020] § 1617 Rn. 22; vgl. Senatsbeschluss vom 20. Februar 2019 - XII ZB 130/16 - FamRZ 2019, 967 Rn. 23 ff. zu Art. 48 EGBGB). [...]
20 Dass der Familienname des Vaters auch gewählt werden kann, wenn sich der rechtmäßig zu führende Name nicht nachweisen lässt, ergibt sich ferner aus der mit § 1617 b Abs. 1 BGB herbeigeführten Gleichstellung mit verheirateten Eltern, die bereits mit der Geburt kraft Gesetzes gemeinsam sorgeberechtigt sind und den Geburtsnamen des Kindes nach § 1617 BGB zu bestimmen haben. Anderes gilt daher auch dann nicht, wenn etwa der zunächst nach § 1617 a Abs. 1 BGB eingetragene, von der Kindesmutter abgeleitete Name von den Eltern in Ausübung des durch die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge eröffneten Wahlrechts beibehalten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 13. November 2019 - XII ZB 118/17 - FamRZ 2020, 331 Rn. 12 ff.). Erweist sich in diesem Fall später der eingetragene Name der Mutter als unrichtig, so wird dadurch die in der bewussten Beibehaltung des Namens liegende Namensbestimmung nicht unwirksam. Vielmehr trägt das Kind kraft Gesetzes und mit Bindungswirkung nach §§ 1617 b Abs. 1 Satz 4, 1617 Abs. 1 Satz 3 BGB statt des eingetragenen Namens den von der Mutter rechtmäßig zu führenden Namen. Schon wegen der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Namen beider Eltern gilt Entsprechendes für den nach Begründung der gemeinsamen Sorge gewählten Namen des Kindesvaters, wenn sich der tatsächlich geführte Name später als unrichtig erweist. Entspricht der eingetragene Name nicht seinem rechtmäßig zu führenden Namen, hat dies mithin nicht die Unwirksamkeit der Namenserteilung zur Folge, sondern lediglich die Notwendigkeit einer entsprechenden Berichtigung des Personenstandsregisters.
21 (b) Aus den Erfordernissen des Personenstandsrechts ergeben sich in Fällen wie dem vorliegenden keine Hinderungsgründe für eine Folgebeurkundung der Namensbestimmungserklärung nach § 1617 b Abs. 1 BGB.
22 Vielmehr hat das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben, dass die Eltern durch eine Ablehnung der Beurkundung an der Ausübung des aus dem gemeinsamen Sorgerecht und somit ihrem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG folgenden - befristeten - Namenserteilungsrechts (vgl. Senatsbeschluss vom 13. November 2019 - XII ZB 118/17 - FamRZ 2020, 331 Rn. 25) gehindert wären, ohne dass sich dafür ein rechtfertigender Grund anführen ließe (vgl. KG StAZ 2018, 217, 218).
23 Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Beurkundung eines feststehenden Personenstandsfalls auch dann geboten sein, wenn einzelne Personenstandmerkmale sich nicht nachweisen bzw. aufklären lassen. Lässt sich der Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht aufklären, sieht § 35 PStV für bestimmte Fälle die Möglichkeit vor, einen Zusatz aufzunehmen, der das Fehlen des Merkmals erläutert. Außer dem in § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV aufgeführten Fehlen geeigneter Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes wird davon etwa auch der das Kind betreffende Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" erfasst, wenn Identität oder Namensführung der den Namen erteilenden Eltern nicht geklärt ist. Die Regelung in § 35 Abs. 1 PStV ist Ausdruck des sogenannten Annäherungsgrundsatzes, nach dem die erwiesenen Tatsachen eingetragen werden, während hinsichtlich der nicht belegten eintragungspflichtigen Tatsachen die Eigenangaben zu übernehmen und mit einem Zusatz zu versehen sind, der die Beweiskraft des Eintrags entsprechend einschränkt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 221, 1 = FamRZ 2019, 614 Rn. 20).
24 Durch eine Beurkundung trotz verbleibender Unklarheiten wird in diesen Fällen neben dem staatlichen Ordnungsinteresse an der lückenlosen Registrierung feststehender Personenstandsfälle insbesondere auch dem Anspruch der Betroffenen auf Beurkundung Rechnung getragen, ohne dass zugleich dem Registereintrag eine über die vom Standesamt gewonnenen Erkenntnisse hinausgehende Beweiswirkung verliehen wird (Senatsbeschluss BGHZ 221, 1 = FamRZ 2019, 614 Rn. 21).
25 Entsprechendes gilt bei einer feststehenden Änderung von eingetragenen Personenstandsmerkmalen auch für die dadurch veranlasste Folgebeurkundung.
26 (c) Nach diesen Maßstäben stehen im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit des deutschen Rechts und aufgrund des zu unterstellenden Umstands, dass die Beteiligten zu 1 und 2 nicht verheiratet sind, auch die formgerechte Abgabe der Namensbestimmungserklärung nach § 1617 b Abs. 1 BGB fest. Somit liegt eine Änderung des Geburtsnamens des betroffenen Kindes als Personenstandmerkmal nach § 1 Abs. 1 PStG vor, die zu beurkunden ist. Dass die Namensführung des Beteiligten zu 2 nicht nachgewiesen ist, hat nach § 35 PStV einen entsprechenden einschränkenden Zusatz auch für den Geburtsnamen des betroffenen Kindes zur Folge. [...]