Bundesministerium des Innern

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Zitieren als:
Bundesministerium des Innern, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 14.02.2023 - M3-20010/28#11 - asyl.net: M31332
https://www.asyl.net/rsdb/default-663bfba623
Leitsatz:

Ergänzende Hinweise zu den Anwendungshinweisen zum Chancen-Aufenthaltsrecht:

1. Die Klärung der Identität sowie die Erfüllung der Passpflicht sind keine Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht gemäß § 104c AufenthG. Die 18-monatige Gültigkeitsdauer des Chancen-Aufenthalts soll es gerade ermöglichen, diese Voraussetzungen für die Erteilung eines Anschlusstitels nach §§ 25a oder 25b AufenthG zu erfüllen. Damit Personen mit Chancen-Aufenthaltsrecht ohne gültigen Pass oder Passersatz ihren ausweisrechtlichen Pflichten genügen, soll die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG gemäß § 48 Abs. 2 AufenthG in diesen Fällen als Ausweisersatz bezeichnet werden.

2. Um Betroffenen zu ermöglichen, bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen bereits vor Aushändigung des elektronischen Aufenthaltstitels (eAT) an den Voraussetzungen der § 25a, § 25b AufenthG zu arbeiten, wird angeregt, dass Ausländerbehörden eine Bescheinigung darüber ausstellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erfüllt sind und die Herstellung des eAT in Auftrag gegeben wurde.

3. Antragstellende müssen den Inhalt des von ihnen abzugebenden Bekenntnisses zur freiheitlich demokratischen Grundordnung verstanden haben und zumindest dessen Kerninhalte kennen. Vor dem Hintergrund, dass § 104c AufenthG keine Sprachkenntnisse oder Grundkenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung voraussetzt, kann für das Bekenntnis ein Sprachmittler hinzugezogen werden. Die Ausländerbehörde muss zu der Überzeugung gelangen, dass die betroffene Person - ggf. unter Zuhilfenahme eines Sprachmittlers - zumindest die wesentlichen Inhalte des Bekenntnisses kennt und versteht.

4. Die Ausländerbehörden sollen neben den Migrationsberatungen für Erwachsene (MBE) auch mit den Jugendmigrationsdiensten eng zusammenarbeiten, um Betroffene dabei zu unterstützen, die Voraussetzungen der § 25a, § 25b AufenthG zu erfüllen.

5. Ausländerbehörden sollen Betroffene darauf hinweisen, dass mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG sozialrechtlich ein Rechtskreiswechsel aus dem AsylbLG in das SGB II erfolgt.

(Zusammenfassung der Redaktion; unter Bezug auf: Bundesministerium des Innern, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 23.12.2022 - (Asylmagazin 1-2/2023, S. 33) - asyl.net: M31183)

Schlagwörter: Bleiberecht, Chanen-Aufenthaltsrecht, Anwendungshinweise, Passpflicht, Ausweisersatz, Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, Pass, Identitätsklärung, freiheitliche demokratische Grundordnung,
Normen: AufenthG § 104c Abs. 1 S. 1, AufenthG § 48 Abs. 2, AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1a, AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 4
Auszüge:

[...]

1. Ausstellung des Chancen-Aufenthaltstitels als Ausweisersatz Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll einem geduldeten Ausländer nach § 104c AufenthG u.a. ab-weichend von § 5 Absatz 1 Nummer la und Nummer 4 erteilt werden (vgl. § 104c Absatz 1 Satz 1). Die Klärung der Identität sowie die Erfüllung der Passpflicht sind demnach keine Voraussetzun-gen für das Chancen-Aufenthaltsrecht. Vielmehr soll die 18-monatige  Gültigkeitsdauer des Chancen-Aufenthalts dazu genutzt werden, diese Voraussetzungen für die Erteilung eines An-schlusstitels nach §§ 25a oder 25b AufenthG zu erfüllen. Damit die Inhaber des Chancen-Aufenthaltsrechts ihren ausweisrechtlichen Pflichten in der Bundesrepublik Deutschland genügen, sollte die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG bei Ausländern, die keinen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz vorlegen, als Ausweisersatz bezeichnet werden. [...]

2. Beginn der Gültigkeitsdauer

In Kapitel 1.10 der Anwendungshinweise ("Titelerteilung/Zweckwechsel") wird ausgeführt, dass die 18-monatige Geltungsdauer des Titels mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (Aushändigung eAT) beginnt. Um die Inhaber des Chancen-Aufenthaltsrechts bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des eAT in die Lage zu versetzen, mit den Bemühungen zur Erlangung der in den Anschlusstiteln der §§ 25a, 25b AufenthG bezeichneten Voraussetzungen zu beginnen (Ermöglichung des Besuches eines Integrationskurses), wird angeregt, dass die Ausländerbehörde dem Ausländer zu diesem Zeitpunkt als einfaches Behördenschreiben eine Bescheinigung darüber ausstellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erfüllt sind und die Herstellung des eAT in Auftrag gegeben worden ist. [...]

3. Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO) [...]

Demnach gilt, dass der Antragsteller den Inhalt des von ihm abgegebenen oder abzugebenden Bekenntnisses verstanden haben und zumindest dessen Kerninhalte kennen muss. Diese Voraussetzung ist im Rahmen einer persönlichen Befragung zu prüfen. Ein rein verbales Bekenntnis des Ausländers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung reicht nicht aus. Vor dem Hinter-grund, dass als Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG keine Sprachkenntnisse oder Grundkenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse nachgewiesen werden müssen, kann für das Bekenntnis ein Sprachmittler hinzugezogen werden. Die Ausländerbehörde muss zur Überzeugung gelangen, dass der Ausländer - ggf. unter Zuhilfenahme eines Sprachmittlers - zumindest die (wesentlichen) Inhalte des Bekenntnisses kennt und versteht.

4. Einbeziehung der Jugendmigrationsdienste

Zu Kapitel 1.11 ("Hinweispflichten der Ausländerbehörden bzw. Aufzeigen von Handlungspflichten") ist ergänzend anzumerken, dass die Ausländerbehörden neben den Migrationsberatungen für Erwachsene (MBE) auch mit den Jugendmigrationsdiensten (JMD) für junge Menschen bis 27 Jahren eng zusammenarbeiten sollen. [...]

5. Einbeziehung der Jobcenter

Zu Kapitel 1.11 ("Hinweispflichten der Ausländerbehörden bzw. Aufzeigen von Handlungspflichten") ist darüber hinaus ergänzend anzumerken, dass mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG für die Leistungsberechtigten ein Rechtskreiswechsel aus dem AsylbLG in das SGB II erfolgt. Der Ausländer soll auf die dadurch begründete Zuständigkeit der Jobcenter hingewiesen werden. [...]