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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 06.04.2000 - 9 B 50.00 - asyl.net: R9439
https://www.asyl.net/rsdb/R9439
Leitsatz:

1. § 87 b VwGO ist auch im sog. vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO anwendbar.

2. Weist ein Gericht neues Vorbringen nach § 87 b Abs. 3 VwGO als verspätet zurück, muß die Entscheidung erkennen lassen, welche Gründe für die Ausübung des ihm in dieser Vorschrift eingeräumten Ermessens maßgebend waren. Entsprechend dem auf Verfahrenskonzentration und Verfahrensbeschleunigung gerichteten Zweck der gesetzlichen Ermessenermächtigung kann sich die Begründung für die Zurückweisung schon aus der Darlegung ergeben, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 87 b VwGO vorliegen (im Anschluß an den Beschluß des Senats vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 -).

3. Hat das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen eines Beteiligten nach § 87 b Abs. 3 VwGO in der abschließenden Sachentscheidung als verspätet zurückgewiesen, ohne daß der Betroffene zuvor die Möglichkeit gehabt hat, seine Schuldlosigkeit an der Fristversäumung geltend zu machen, kann er dies nur mit der Nichtzulassungsbeschwerde oder - nach der Zulassung - mit der Revision - tun. Der so geltend gemachte Verfahrensmangel ist freilich nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn schlüssig dargelegt wird, daß und aus welchen Gründen der Betroffene nicht in der Lage war, noch rechtzeitig gegenüber dem Berufungsgericht die eingetretene Verspätung zu entschuldigen.

4. Ob verspätetes Vorbringen genügend entschuldigt im Sinne des § 87 b Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwGO ist, bestimmt sich nicht unmittelbar nach § 60 VwGO; insbesondere findet die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist keine Anwendung. Die zu § 60 Abs. 1 VwGO entwickelten Verschuldensgrundsätze können jedoch entsprechend herangezogen werden. (amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Berufung, Vereinfachtes Berufungsverfahren, Verspätetes Vorbringen, Fristen, Zurückweisung, Präklusion, Ermessen, Entschuldigung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normen: VwGO § 87b; VwGO § 130a; VwGO § 60
Auszüge:

1. § 87 b VwGO ist auch im sog. vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO anwendbar.

2. Weist ein Gericht neues Vorbringen nach § 87 b Abs. 3 VwGO als verspätet zurück, muß die Entscheidung erkennen lassen, welche Gründe für die Ausübung des ihm in dieser Vorschrift eingeräumten Ermessens maßgebend waren. Entsprechend dem auf Verfahrenskonzentration und Verfahrensbeschleunigung gerichteten Zweck der gesetzlichen Ermessenermächtigung kann sich die Begründung für die Zurückweisung schon aus der Darlegung ergeben, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 87 b VwGO vorliegen (im Anschluß an den Beschluß des Senats vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 -).

3. Hat das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen eines Beteiligten nach § 87 b Abs. 3 VwGO in der abschließenden Sachentscheidung als verspätet zurückgewiesen, ohne daß der Betroffene zuvor die Möglichkeit gehabt hat, seine Schuldlosigkeit an der Fristversäumung geltend zu machen, kann er dies nur mit der Nichtzulassungsbeschwerde oder - nach der Zulassung - mit der Revision - tun. Der so geltend gemachte Verfahrensmangel ist freilich nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn schlüssig dargelegt wird, daß und aus welchen Gründen der Betroffene nicht in der Lage war, noch rechtzeitig gegenüber dem Berufungsgericht die eingetretene Verspätung zu entschuldigen.

4. Ob verspätetes Vorbringen genügend entschuldigt im Sinne des § 87 b Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwGO ist, bestimmt sich nicht unmittelbar nach § 60 VwGO; insbesondere findet die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist keine Anwendung. Die zu § 60 Abs. 1 VwGO entwickelten Verschuldensgrundsätze können jedoch entsprechend herangezogen werden. (amtliche Leitsätze)