LSG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2000 - L 12 AL 190/99 - asyl.net: R8623
https://www.asyl.net/rsdb/R8623
Leitsatz:

Die Weisung des Bundesministers für Arbeit vom 30.05.1997, wonach Asylbewerber, die nach dem 15.05.1997 eingereist sind, grundsätzlich keine Arbeitserlaubnis erhalten, ist aufgrund fehlender Gesetzesgrundlage rechtswidrig.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Arbeitserlaubnis, Erwerbstätigkeit, Asylbewerber, Aufenthaltsgestattung, Wartezeit, Einreise, Weisung, Bundesarbeitsministerium, Fortsetzungsfeststellungsklage
Normen: SGB III § 285 Abs. 4; SGB § 285 Abs. 1
Auszüge:

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die vom Kläger in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klage zulässig. Es besteht nämlich ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 19.01.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.05.1998. Denn er hat ein Interesse daran, einer Wiederholung eines Verwaltungsaktes vorzubeugen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 6. Aufl., § 131 Rdn. 10).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind nämlich rechtswidrig. Denn sie stützen sich zu Unrecht auf die Weisung des BMA vom 30.05.1997, wonach Asylbewerber - wie der Kläger -, die nach dem 15.05.1997 eingereist sind, grundsätzlich keine Arbeitserlaubnis erhalten. Für diese Weisung fehlt nämlich eine gesetzliche Grundlage. Als eine solche Grundlage kann insbesondere nicht § 288 Abs. 2 SGB III herangezogen werden. Nach dieser Bestimmung darf das BMA der Bundesanstalt nur zur Durchführung der Bestimmungen über Ausländerbeschäftigung (§§ 284 bis 287 SGB III) Weisungen erteilen. Eine derartige Durchführungsbestimmung enthält die Weisung aber nicht. Sie beinhaltet vielmehr u.a. die Schaffung eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals bei der arbeitsmarktabhängigen Arbeitserlaubnis für die erstmalige Beschäftigung von Asylbewerbern und geduldeten Ausländern, die nach dem 15.05.1997 in die Bundesrepublik Deutschland neu eingereist sind. Aus § 285 Abs. 4 SGB III ergibt sich jedoch, dass eine solche Regelung nicht durch eine Weisung des BMA, sondern nur durch eine Rechtsverordnung, die hier nicht vorliegt, möglich ist (vgl. SG Augsburg, 28.10.1999 - S 2 AL 519/99 -; SG Lübbeck, 05.01.1999 - S 2 SAR 64/98 -; SG Itzehoe, 30.06.1998 - S 1 S/Ar 6/98 -; SG Freiburg, 02.12.1999 - S 3 AL 2852/98 -; Hennig/ Kühl/ Heuer/ Henke. SGB III § 285 Rdn. 9; Niesel SGB III § 285, Rdn. 38; Dübbers, Rechtswidrigkeit einer Weisung des BMA im Hinblick auf die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an Asylbewerber - Stichtagsregelung -, ArbuR 114 - 115; a.M. lediglich SG Wiesbaden, 23.07.1999 - S 11/AL 417/99 -). Eine Wartezeit - bzw. Stichtagsregelung für eine bestimmte Personengruppe stellt nach der Auffassung des Senats eine wesentliche Einschränkung des Arbeitserlaubnisrechts dar. Sie kann nur im SGB III selbst bzw. in einer Rechtsverordnung nach § 285 Abs. 4 SGB III getroffen werden.