VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 26.06.1998 - 8 L 744/98 - asyl.net: R631
https://www.asyl.net/rsdb/R631
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Ausländer, Petition, Ausreisepflicht, Vollziehbarkeit, Unanfechtbarkeit, Duldung, Erlasslage, Gleichheitsgrundsatz, Ermessen, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Einstweilige Anordnung, Abschiebungshindernis
Normen: VwGO § 123; AuslG § 55 Abs. 4; GG Art. 3
Auszüge:

Das Petitionsrecht erfordert in verfahrensrechtlicher Hinsicht allenfalls, daß der Zugang zum Petitionsadressaten durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht unzumutbar erschwert wird. Ist das Petitionsverfahren aber - wie hier - bereits in Gang gesetzt, ist es dem Petenten grundsätzlich zumutbar, den Ausgang seines Verfahrens im Ausland abzuwarten. Das Petitionsverfahren wird dadurch weder beeinflußt, noch ist der Antragsteller gehindert, nach möglicherweise erfolgreicher Petition - im Falle der Abschiebung nach auf Antrag zu erfolgreicher Befristung der Wirkung des § 8 Abs. 2 S. 1 AuslG - erneut einzureisen.

Der Antragsteller kann sich hier jedoch auf die o.g. Erlaßregelung berufen. Der Antragsgegner verfährt in seiner Verwaltungspraxis - wie aufgrund telefonischer Auskunft gegenüber der Berichterstatterin feststeht - nach diesem Erlaß und hat sich damit aufgrund seiner Verpflichtung zur Wahrung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) dahingehend selbst gebunden, daß von der Abschiebung ausländischer Staatsangehöriger, die sich mit einer an den Petitionsausschuß des Landtages NW gerichteten Eingabe gegen die - ggf. zwangsweise - Beendigung ihres Aufenthaltes wenden, grundsätzlich bis zum Abschluß des Petitionsverfahrens abzusehen ist, es sei denn, daß der Tatbestand des § 55 Abs. 4 AuslG erfüllt ist und die dort genannten Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Wie ebenfalls aufgrund telefonischer Auskunft feststeht, sieht sich der Antragsgegner allein deshalb daran gehindert, von einer Abschiebung des Antragstellers bis zum Abschluß des Petitionsverfahrens abzusehen, weil er vorliegend den Tatbestand des § 55 Abs. 4 AuslG für gegeben hält. Der Antragsgegner legt insoweit nicht den Wortlaut der Verwaltungsvorschrift aus - der Wortlaut ist eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich -, sondern vertritt eine Rechtsauffassung, die gerichtlich überprüfbar ist.

Ob eine rechtskräftige Entscheidung über die Zulässigkeit der Abschiebung i.S.d. § 55 Abs. 4 AuslG bereits dann vorliegt, wenn nur die Abschiebungsandrohung rechtskräftig bestätigt ist, nicht aber die Zulässigkeit der Abschiebung selbst und ob rechtskräftige Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO oder § 123 VwGO ausreichen oder eine rechtskräftige Hauptsacheentscheidung erforderlich ist, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig.

Für das vorliegende Eilverfahren geht die Kammer jedoch zugunsten des Antragstellers davon aus. daß kein Fall des § 55 Abs. 4 AuslG vorliegt. Es spricht nämlich erheblich mehr dafür, daß Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung i.S.d. § 55 Abs. 4 AuslG die Zulässigkeit der Abschiebung sein muß und eine Überprüfung der Abschiebungsandrohung nicht ausreicht.