OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2007 - 18 A 572/06 - asyl.net: M9803
https://www.asyl.net/rsdb/M9803
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, Darlegungserfordernis, ernstliche Zweifel, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Aufenthaltstitel, Erlöschen, Ausreise, Erlaubnisfiktion, Verlängerungsantrag, Ausreisepflicht, Abschiebung
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 124 Abs. 4 S. 4; AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 7; AufenthG § 81 Abs. 4; GG Art. 19 Abs. 4; AufenthG § 11 Abs. 1 S. 2
Auszüge:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat allerdings im Zulassungsverfahren zutreffend geltend gemacht, dass eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht nicht an § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG scheitert. Nach dieser Norm erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten Frist wieder eingereist ist. Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichts erfüllt.

Dem ist nicht zu folgen. § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht anwendbar. Diese Vorschrift regelt das Erlöschen eines Aufenthaltstitels für den Fall, dass der Inhaber eines solchen ausreist. So ist es hier jedoch nicht. Der Kläger verfügte bei seiner Ausreise über keinen Aufenthaltstitel. Er könnte allerdings bei einer erfolgreichen Klage und der damit verbundenen Aufhebung der angefochtenen Bescheide vorübergehend in den Besitz einer Erlaubnisfiktion (§ 69 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AuslG 1990 bzw. jetzt § 81 Abs. 4 AufenthG) gelangen, auf die § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG prinzipiell entsprechend anwendbar wäre (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17. März 1998 - 18 A 3250/94 -).

Daraus ergäben sich aber keine Rechtsfolgen hinsichtlich der angestrebten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Für sie ist der Bestand einer Erlaubnisfiktion keine Tatbestandsvoraussetzung. Entscheidungserheblich ist allein, ob der Ausländer zum Zeitpunkt des Ablaufs seiner letzten Aufenthaltserlaubnis die Anspruchsvoraussetzungen für deren Verlängerung erfüllte und Letztere ggf. nicht nachträglich entfallen sind.

Dementsprechend ist es unerheblich, ob ein Ausländer wegen des Ablaufs der Gültigkeitsdauer seiner bisherigen Aufenthaltserlaubnis zwischenzeitlich ausreisepflichtig war und er - wie hier der Kläger - wegen der inzwischen durch die angefochtene Ordnungsverfügung eingetretenen vollziehbaren Ausreisepflicht (vgl. §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2 iVm § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) seiner ausländerrechtlichen Verpflichtung folgend ausgereist ist. Die bloße Tatsache einer Ausreise, die in Erfüllung einer so begründeten Ausreisepflicht erfolgt und schon deshalb nicht zu einem Rechtsverlust durch die Verfahrensdauer führen darf, kann ebenso wie eine aus demselben Anlass erfolgte Abschiebung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2002 - 1 C 8. 02 -, InfAuslR 2003, 50, 51 -) aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) weder bewirken, dass die gerichtliche Überprüfung der Gründe für die Versagung der Aufenthaltserlaubnis entfällt, noch dass durch die Ausreise oder die Abschiebung als solche (vgl. insoweit § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) der mit der Klage geltend gemachte Anspruch verloren geht. Im Falle einer Abschiebung - hierauf sei unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergänzend hingewiesen - verhält es sich nur dann anders, wenn die im Streit stehende Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage rechtmäßig war, dem Ausländer also zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zustand und er deshalb zu Recht abgeschoben worden ist. An seiner in diesem Zusammenhang früher vertretenen gegenteiligen Rechtsauffassung (- vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 1995 - 18 A 983/92 -) hält der Senat in Ansehung der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht fest.

Ist der Kläger also durch § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nicht daran gehindert, seinen Verlängerungsanspruch trotz seines längeren Auslandsaufenthalts seit Ablauf der letzten ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis weiter zu verfolgen, so kommt es für die Geltendmachung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ferner darauf an, ob er das Bestehen eines Verlängerungsanspruchs im Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt hat. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat hierzu lediglich ausgeführt, dass im Berufungsverfahren zu klären sein werde, ob er ein eigenständiges Aufenthaltsrecht (§ 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG) erworben habe und darauf verwiesen, dass die angebotenen Beweise zu erheben seien. Das reicht nicht. Darzulegen wäre gewesen, weshalb der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen als erfüllt ansieht.