VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Beschluss vom 27.07.2006 - 7 K 2289/05 - asyl.net: M9025
https://www.asyl.net/rsdb/M9025
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ausweisung, Sperrwirkung, Wirkungen der Ausweisung, subsidiärer Schutz, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, abgelehnte Asylbewerber, Widerruf, Anerkennungsbescheid, Bindungswirkung, Ausländerbehörde, Berufungszulassungsantrag, Ausreisehindernis, Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten
Normen: AufenthG § 10 Abs. 3 S. 1; AufenthG § 25 Abs. 3; AufenthG § 25 Abs. 5; AufenthG § 11 Abs. 1 S. 2; VwGO § 166; ZPO § 114
Auszüge:

Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; dies ist nicht der Fall.

1. Auf die Anspruchsgrundlage des § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung u.a. nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, dürfte sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen können.

Allerdings haben Beklagte und Gericht in der Tat zu berücksichtigen, dass zwar durch Bescheid des damaligen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge der Widerruf der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG (§ 60 Abs. 7 AufenthG) erfolgt ist und die hiergegen erhobene Klage keinen Erfolg hatte (VG Hamburg, Az. 7 A 104/04, Urteil vom 8. September 2004): Wegen des Antrages auf Zulassung der Berufung, über den noch nicht entscheiden worden ist, ist das förmlich festgestellte Abschiebungshindernis aber weiterhin zu beachten (BVerwG DVBl. 2006, S. 517, 518).

Gleichwohl dürfte sich der Kläger nicht auf § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG berufen können. Dem Anspruch steht nämlich das auch hier zu beachtende Verbot aus § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen, wonach einem ausgewiesenen Ausländer - wie dem Kl. (vgl. Ausweisungsverfügung vom 4.3.1999) - auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann (so auch Ziff. 25.3.5 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern: "Zwingende Versagungsgründe und Einreiseverbote sind anzuwenden."). Der gegenteiligen Auffassung, die das Verwaltungsgericht Stuttgart in dem vom Kläger eingereichten Urteil vom 7. Oktober 2005 (InfAuslR 2006, 78-80) vertritt, vermag das erkennende Gericht nicht zu folgen.

Der § 10 Abs. 3 AufenthG, der einen Ausländer, der - wie der Kläger - seinen Asylantrag zurückgenommen hat, hinsichtlich der Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließlich auf die §§ 22 bis 26 AufenthG verweist, und der § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, der u.a. im Falle einer Abschiebung obligatorisch eine Sperre vorsieht, gehören zunächst einmal nach ihrer Stellung im Gesetz zu den allgemeinen Regelungen zur "Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet", die damit grundsätzlich in allen Fällen zu beachten sind. Nur in diesem Zusammenhang ist dann auch § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu verstehen, der - im Gegensatz zum Abs. 3 der Vorschrift - eine ausdrückliche Abweichung von der Bestimmung des § 11 Abs. 1 AufenthG zulässt, wenn die Ausreise des Ausländers aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich und in absehbarer Zeit mit dem Wegfall des Hindernisses nicht zu rechnen ist. Der gegenteilige Schluss aus § 25 Abs. 1 AufenthG, der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausschließt, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen der der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden ist, ist keineswegs zwingend. Auch § 25 Abs. 5 AufenthG, der in Satz 1 eine Abweichung von § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zulässt, enthält in Satz 3 der Vorschrift eine (weitere) ausdrückliche Einschränkung, wenn dort gefordert wird, dass der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert sein muss.

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, wonach einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, wenn seine Ausreise aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, liegen ebenfalls nicht vor. Mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses ist nämlich in absehbarer Zeit zu rechnen. Zwar sind Beklagte und Gericht noch an den rechtswirksamen Bescheid nach § 53 Abs. 6 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG gebunden (BVerwG, a.a.O. und E 111, 77, 81 f.). Mit Bescheid vom 29. Dezember 2003 widerrief aber das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ihren Bescheid vom 7. Juli 1999. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (VG Hamburg, Az. 7 A 104/04, Urteil vom 8. September 2004): Nur das Verfahren betreffend Zulassung der Berufung ist noch beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht anhängig, so dass auch formal mit dem Wegfall des Hindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen ist.