OVG Nordrhein-Westfalen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.07.2006 - 18 A 148/05 - asyl.net: M8473
https://www.asyl.net/rsdb/M8473
Leitsatz:
Schlagwörter: Kosten, Abschiebungskosten, Arbeitgeber, unerlaubte Beschäftigung, Erwerbstätigkeit, Verschulden, Verpflichtungserklärung
Normen: AufenthG § 66 Abs. 2 S. 1; AuslG § 82 Abs. 4 S. 1; AuslG § 82 Abs. 2; AufenthG § 66 Abs. 2
Auszüge:

Erfolglos machen die Kläger geltend, dass angesichts der "absolut gelegenheitsmäßig wahrgenommenen Hilfstätigkeit" der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann und Vater, als deren Erben sie das vorliegende Verfahren fortführen, nicht von einer ausländer- und arbeitserlaubnisrechtlich relevanten Erwerbstätigkeit des Herrn K. als Arbeitnehmer hätte ausgehen müssen. Insoweit ist schon das Verwaltungsgericht zu dem inzwischen durch den inhaltsgleichen § 66 Abs. 2 Satz 1 AufenthG abgelösten (vgl. BT-Drucks. 15/420, 93), hier aber im Hinblick auf den zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2002 noch einschlägigen § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG zutreffend davon ausgegangen, dass der darin verwendete Begriff der Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgehend vom Gesetzeszweck weit auszulegen ist. Dieser besteht darin, der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer und den aus der illegalen Anwesenheit und Beschäftigung häufig entstehenden sozialen Missständen entgegenzuwirken und die Allgemeinheit davor zu bewahren, die Abschiebungskosten, deren Ersatz gegenüber dem Ausländer oft nicht realisierbar ist, tragen zu müssen. Davon ausgehend kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Erforderlich ist lediglich eine abhängige, fremdbestimmte Arbeitsleistung, bei der ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht, das nach dem betrieblichen und organisatorischen Gesamtrahmen zu beurteilen ist, in dem sich die Tätigkeit abspielt. Dabei bedarf es weder eines wirksamen Arbeitsvertrages noch eines faktischen Arbeitsverhältnisses. Im Zweifel liegt regelmäßig bereits dann eine Erwerbstätigkeit im hier maßgeblichen Sinne vor, wenn eine Person mit Billigung des Geschäftsinhabers in dessen geschäftlichem Betätigungsfeld jedenfalls wiederholt Geschäftshandlungen vornimmt. Es obliegt dem Geschäftsinhaber, in dem seiner Einflusssphäre unterliegenden Geschäftsbereich dafür zu sorgen, dass insoweit kein falscher Eindruck entsteht (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 3. November 1987 - 1 C 37.84 -, InfAuslR 1988, 256; OVG NRW, Urteile vom 16. April 1997 - 17 A 3412/94 -, InfAuslR 1997, 455, vom 12. Dezember 2000 - 18 A 196/97 - und vom 22. Mai 2003 - 17 A 2600/02 -; Hailbronner, AuslR, § 66 AufenthG Rn. 9.).

Davon ausgehend hat der seinerzeitige Geschäftsinhaber auch - was § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG ebenso wie jetzt § 66 Abs. 2 AufenthG (vgl. Zeitler, HTK-AuslR / § 66 AufenthG / Kosten 03/2005 Nr. 4) als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal weiter voraussetzt - schuldhaft gehandelt. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Ausländern die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dazu gehört, dass er sich vor der Beschäftigung eines Ausländers Klarheit darüber verschafft, ob dieser die arbeitsrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 1987 - 1 B 170/86 -, InfAuslR 1987, 318; Senatsurteil vom 8. Dezember 1998 - 2116/96 -).

Die erforderliche Erkenntnis wäre durch eine Aufforderung zur Vorlage der Arbeits- sowie Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen gewesen. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn - wie hier - der Ausländer dem Arbeitgeber seit längerem bekannt ist und dieser auch Kenntnis von bereits zuvor durch jenen ausgeübten Erwerbstätigkeiten hatte.

Entgegen der Annahme der Kläger ist ihre Heranziehung zu den Kosten der Abschiebung auch nicht unverhältnismäßig. Die geringe Höhe des durch die Tätigkeit des Herrn K. erlangten Vermögensvorteils, auf die das diesbezügliche Vorbringen der Kläger abzielt, ist für die Haftungsregelung des § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG unerheblich (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1986 - 1 B 28.86 -, InfAuslR 1986, 273; Senatsbeschluss vom 20. Mai 2003 - 18 A 81/02 - mit weiteren Nachweisen).

Dagegen ist es unerheblich, ob der Beschäftigung ein illegaler Aufenthalt vorausging. § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG setzt nicht voraus, dass die dem Arbeitgeber vorwerfbare Beschäftigung des Ausländers für die Nichtausreise und die Abschiebung mit ursächlich gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 1987 - I B 170.86 -, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 25. Februar 2000 - 18 A 196/97 -).

Maßgeblich ist insoweit allein, dass ein Ausländer beschäftigt wird, obwohl dieser unverzüglich das Bundesgebiet zu verlassen hat. Ein derartiges, auf die Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichtetes Verhalten trägt immer zur Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes bei, der staatliches Einschreiten gerade auch deshalb erforderlich macht, um erwerbsbereite Ausländer von einer illegalen Einreise abzuhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1986 - 1 B 28.86 -, a.a.O.).

Einer Inanspruchnahme der Kläger als Kostenschuldner steht auch nicht - wie die Kläger mit dem Zulassungsantrag weiter geltend machen - entgegen, dass der Bruder des Herrn K. , Herr D. A. , die Abschiebungskosten auf Grund der von ihm am 10. März 1994 abgegebene Verpflichtungserklärung zu tragen hat. Dies folgt schon daraus, dass sich der Bruder nicht gemäß § 82 Abs. 2 AuslG (jetzt § 66 Abs. 2 AufenthG) gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, für die Ausreisekosten aufzukommen. Die von ihm abgegebene Erklärung ist zwar nach dem Wortlaut ihres zweiten Satzes uneingeschränkt und könnte deshalb geeignet sein, auch die Ausreisekosten zu erfassen. Wie jedoch der letzte Satz der Erklärung verdeutlicht, erstreckt sich diese nur auf den allein in Bezug genommenen § 84 AuslG (jetzt § 68 AufenthG) und erfasst demgemäß nur die dort geregelten Kosten für den Lebensunterhalt. Eine Verpflichtung zur Übernahme der Ausreisekosten bedarf einer ausdrücklichen, gesonderten Erklärung (vgl. Nr. 84.1.1.2 AuslG-VwV (jetzt Nr. 68.1.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise AufenthG, FreizügG/EU)) wobei einer Verbindung beider Erklärungen grundsätzlich nichts entgegen steht, solange dies nicht zu Lasten einer hinreichenden Bestimmtheit geht.