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OLG Oldenburg

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Zitieren als:
OLG Oldenburg, Beschluss vom 10.04.2006 - 13 W 63/05 u.a. - asyl.net: M8150
https://www.asyl.net/rsdb/M8150
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Haftbefehl, Festnahme, einstweilige Anordnung, Anhörung, Antrag, Ausländerbehörde, Entziehungsabsicht
Normen: FEVG § 3; FEVG § 4; FEVG § 5; FEVG § 11; FEVG § 6; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 2
Auszüge:

Das Rechtsmittel der Betroffenen ist zulässig und in der Sache auch begründet.

1. Zur Entscheidung vom 13. Januar 2005:

Eine Freiheitsentziehung nach dem hier einschlägigen Freiheitsentziehungsgesetz setzt zunächst einen entsprechenden Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde an das örtlich zuständige Amtsgericht voraus, §§ 3, 4 FEVG. Das Amtsgericht hat in diesem Verfahren die von dem Antrag betroffene Person mündlich zu hören. Dazu ist die Person zu laden. Erscheint sie nicht, kann sie auf richterliche Anordnung hin vorgeführt werden, § 5 FEVG. Dieses Vorgehen stellt nach der gesetzlichen Regelung den Normalfall dar.

Liegen jedoch konkrete Anhaltspunkte für ein Untertauchen der Person vor, so daß bei einem oben aufgezeigten Vorgehen eine Vorladung das Signal für das anzunehmende Untertauchen sein würde, eröffnet § 11 FEVG die Möglichkeit, unter den dort genannten Voraussetzungen von einer Vorladung abzusehen und stattdessen bei Gefahr im Verzuge, die bei einer Fluchtgefahr in der Regel zu bejahen sein wird, ohne vorherige Anhörung eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß stets ein ordnungsgemäßer Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung gestellt ist. Das Hauptsacheverfahren, in dem der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt werden soll, muß bereits anhängig sein, § 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG.

An dieser Voraussetzung hat es jedoch vorliegend gefehlt. Der Beteiligte hatte am 12. Januar 2005 den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt, ohne zugleich das Hauptsacheverfahren anhängig zu machen. Dies geschah erst mit Antrag vom 20. Januar 2005.

Gemäß § 6 FEVG ist über eine beantragte Freiheitsentziehung durch einen mit Gründen versehenen Beschluß zu entscheiden. Dies bedeutet eine auf den Fall bezogene Begründung, aus der sich die vom Gericht getroffenen Feststellungen und die vorgenommene rechtliche Würdigung ergeben. Dies gilt auch für eine einstweilige Anordnung gemäß § 11 FEVG. Hieran fehlt es vorliegend.

2. Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der Haftanordnung vom 20. Januar 2005 bis zum 24. Januar 2004:

Die Haftanordnung des Amtsgerichts Vechta vom 20. Januar 2005 ist offensichtlich auf den fakultativen Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gestützt.

Diese Regelung setzt neben den dort aufgeführten objektiven Tatbestandsmerkmalen auch voraus, um dem Verhältnisgrundsatz bei einer Freiheitsentziehung zu genügen, daß eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen muß, daß ohne eine Inhaftierung die Abschiebung wesentlich erschwert oder vereitelt werden würde (Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., 1 AufenthG, § 62, Rdnr. 21).

An dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend.

Im Antrag vom 14. Januar 2005 auf Anordnung einer Sicherungshaft von zwei Wochen hat der Beteiligte dafür, daß die Gefahr eines Untertauchens bestehe, an konkreten Umständen einzig aufgeführt, daß die Betroffene seit dem 13. Dezember 2001 unanfechtbar zur Ausreise verpflichtet, ihrer Verpflichtung jedoch trotz der Aufforderung vom 21. Juli 1999 nicht nachgekommen sei und sich seither beharrlich geweigert habe auszureisen.

Dies reicht jedoch vorliegend nicht für die Annahme einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus, sich der beabsichtigten Abschiebung zu entziehen.

Die Verweigerung der Ausreise begründet für sich allein noch nicht den Verdacht, sich der Abschiebung entziehen zu wollen (Renner a.a.O., Rdnr. 19).