OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.03.2006 - 18 E 924/04 - asyl.net: M8098
https://www.asyl.net/rsdb/M8098
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ausreisehindernis, Passlosigkeit, Passbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Beweislast, Verschulden, Identität ungeklärt, Syrien, Staatenlose, Kurden
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5
Auszüge:

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen und hier nur in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG sind nach wie vor nicht erfüllt. Zwar gibt es keine durchgreifenden Zweifel daran, dass den Klägern - wie es dessen Satz 1 in seiner zweiten Alternative erfordert - wegen fehlenden Besitzes eines Passes oder Passersatzpapieres gegenwärtig eine freiwillige Ausreise tatsächlich nicht möglich ist. Es kann jedoch nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass bei ernsthafter Mitwirkung der Kläger nicht mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Daraus folgt wegen der insoweit gegebenen Verschränkung des Satzes 1 mit den Anforderungen nach den Sätze 3 und 4 zugleich, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kläger unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert sind (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG). Sie haben nicht ansatzweise erkennen lassen, alle ihnen in diesem Zusammenhang möglichen und zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung ihrer Identität und zur Beschaffung eines Passes bzw. Passersatzpapieres unternommen zu haben.

Es ist die ureigene Angelegenheit eines Ausländers, seine Identität aufzuklären und sich bei der für ihn zuständigen Auslandsvertretung um die Ausstellung eines Ausweispapiers zu bemühen. Der Besitz eines gültigen Passes zählt zu den Obliegenheiten eines Ausländers (vgl. § 3 Abs. 1 AufenthG). Jener ist ferner Regelvoraussetzung für die Erteilung eines jeden Aufenthaltstitels (vgl. § 5 Abs. 1 AufenthG) und damit auch für die hier erstrebte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Zudem verdeutlicht § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, dass ein Ausländer bei der Beschaffung von Identitätspapieren alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen hat, wozu neben einem Pass oder Passersatz auch sonstige Urkunden und Dokumente unabhängig vom Aussteller gehören, sofern sie zu dem Zweck geeignet sind, die Ausländerbehörde bei der Geltendmachung und Durchsetzung einer Rückführungsmöglichkeit zu unterstützen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2005 - 18 B 1526/05 -).

Deshalb hat ein ausreisepflichtiger Ausländer - wie die Kläger - alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen, und damit auch die zur Klärung seiner Identität und zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten. Dabei hat er sich gegebenenfalls unter Einschaltung einer Mittelsperson in seinem Heimatland um erforderliche Dokumente und Auskünfte zu bemühen, wobei es grundsätzlich auch zumutbar ist, einen Rechtsanwalt im Herkunftsstaat zu beauftragen (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 1999 - 18 A 5156/96 -, DVBl. 1999, 1222 = AuAS 1999, 159 = EStT NW 1999, 349).

Wenn die Kläger - wie sie behaupten - tatsächlich zur Gruppe der "Maktumin" (Schreibweise auch "Makthoumin") gehören und in Syrien nicht registriert sind, dann ist von ihnen zumindest eine klare Darlegung ihrer familiären Verhältnisse zu verlangen. Hierzu gehört eine detaillierte Aufzeichnung ihrer Abstammung, insbesondere genaue und umfassende Angaben zu Zeitpunkt und Ort der eigenen Geburt (hier der Klägerin zu 1.) sowie zu derjenigen der Eltern und Großeltern. Ebenso sind deren gegenwärtigen und vergangenen Aufenthaltsorte zu benennen. Dies alles ist - soweit wie möglich - durch aktuelle Erklärungen und Bescheinigungen der örtlichen Behörden zu belegen, zumindest aber glaubhaft zu machen (vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Juni 2005 - 17 E 552/05 - und 2. September 2005 - 17 E 775/05 -).

Derartige Handlungen können nur dann nicht verlangt werden, wenn sie von vornherein aussichtslos sind.

Zweifel in Bezug auf die Identitätsaufklärung und die Unmöglichkeit einer Passbeschaffung gehen zu Lasten des Ausländers, weil er generell und damit insbesondere auch - wie hier - im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für die ausschließlich seinem Einflussbereich unterliegenden, ihm günstigen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist und dies auch in Ansehung einer für ihn möglicherweise schwierigen Beweissituation gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juli 2005 - 18 E 687/05 -).