VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2005 - 13 K 6402/04 - asyl.net: M7970
https://www.asyl.net/rsdb/M7970
Leitsatz:

Auf die 36-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG sind Zeiten des Bezugs von gekürzten Leistungen nach § 1 a AsylbLG nicht anzurechnen.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, 36-Monats-Frist, Leistungskürzung
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; AsylbLG § 1a
Auszüge:

Auf die 36-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG sind Zeiten des Bezugs von gekürzten Leistungen nach § 1 a AsylbLG nicht anzurechnen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die angefochtenen Bewilligungen und Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit er keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalten hat; er hat in der Zeit vom 4. Juli 2003 bis zum 31. August 2004 keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung des BSHG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat schon deshalb keinen Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG, weil es an einem 36-monatigen Bezug von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG fehlt. Auch wenn umstritten ist, ob auch Zeiten des Bezugs von nach § 1 a AsylbLG eingeschränkten Leistungen in die von § 2 Abs. 1 AsylbLG geforderten 36 Monate einzurechnen sind (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 5. Juni 2003 - 4 A 64/03 -, Juris, m. w. N. zum Streitstand), folgt das Gericht der in der veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass Zeiten, in denen nach § 1 a AsylbLG gekürzte Leistungen bezogen wurden, in die Fristberechnung nach § 2 AsylbLG nicht einzubeziehen sind (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 21. August 2001 - 1 M 77/01 -, SAR- Aktuell 2001, 8; OVG Berlin, Beschluss vom 13. September 2002 - 6 S 32.01 -, Juris, Rn. 8 ff.; ebenso VG Hannover, Beschluss vom 15. Juni 2004 - 7 B 2809/04 -, SAR 2004, 118 ff.; Deibel, DVBl. 2001, 866 (868)).

Eine Einbeziehung von Zeiten in die 36-Monats-Frist, in denen lediglich nach § 1 a AsylbLG gekürzte Leistungen gewährt wurden, würde dem Zweck des § 2 Abs. 1 AsylbLG zuwiderlaufen. Dieser Zweck liegt darin, Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe dann zu gewähren, wenn bei einem längeren Aufenthalt in der Bundesrepublik und noch nicht absehbarer weiterer Dauer des Aufenthalts nicht mehr auf einen unter dem Sozialhilfeniveau liegenden Bedarf abgestellt werden kann, wie er bei einem in der Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik entsteht. Diese höheren Leistungen sind dann auf eine stärkere Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und eine stärkere soziale Integration gerichtet (vgl. zum Zweck der Vorschrift VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2002 - 22 K 6824/01 -, Juris m. w. N.).

Der Gesetzgeber reagierte damit auf Härten, die sich aus unverschuldeten langen Aufenthaltszeiten für Asylbewerber in sog. Altfällen ergeben, die daraus folgen, dass eine Rückkehr in das Heimatland wegen der dortigen Verhältnisse über einen längeren Zeitraum ausgeschlossen ist. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es unvereinbar, die auf stärkere Integration gerichteten Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG solchen Asylbewerbern zu gewähren, die entweder nur nach Deutschland kommen, um Sozialleistungen zu erhalten, oder bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Denn dann hätten es Asylbewerber in der Hand, durch missbräuchliche Verlängerung ihres Aufenthalts die Voraussetzungen der Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG - und damit auf Dauer gesehen fortschreitende Integration - herbeizuführen. Des weiteren würde eine Einbeziehung von Zeiten gekürzter Leistungsgewährung gemäß § 1 a AsylbLG in die Berechnung der 36-Monats-Frist in Bezug auf § 2 Abs. 1 AsylbLG auch dem Sinn von § 1 a AsylbLG zuwiderlaufen.