VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2005 - 24 K 6506/04 - asyl.net: M7966
https://www.asyl.net/rsdb/M7966
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Bleiberechtsregelung 2001, Zuwanderungsgesetz, Aufenthaltserlaubnis, Beschäftigung, Beschäftigungsverfahrensverordnung, Zustimmung, Bundesagentur für Arbeit, qualifizierte Berufsausbildung, unternehmensspezifische Kenntnisse, öffentliches Interesse, vorübergehender Aufenthalt, Ausreisepflicht
Normen: AufenthG § 23; GG Art. 3; AufenthG § 18 Abs. 2 S. 1; BeschV § 41; AufenthG § 18 Abs. 4 S. 1; BeschV § 25; BeschV § 28; AufenthG § 18 Abs. 4 S. 2; AufenthG § 18 Abs. 3; AufenthG § 28 Abs. 4 S. 1
Auszüge:

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 23 AufenthG und dem sogenannten Härtefallerlass 2001 (Anordnung nach § 32 AuslG zur Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen an Arbeitnehmer aus der Republik Bosnien und Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien, Erlass des IM NRW vom 21. Juni 2001, I B 3/44.386-B 2/I 14 - Kosovo).

Dieser Erlass gilt auch nach Außerkrafttreten des AuslG fort, da § 23 AufenthG eine entsprechende Ermächtigung enthält und die Erlasse in Nordrhein-Westfalen bis zum 31. Dezember 2005 befristet worden sind mit der Maßgabe, dass sie sinngemäß angewendet werden sollen (vgl. Erlass des IM NRW vom 28. Dezember 2004, 15-39.01.10; OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2005 - 18 B 1070/04 -).

Die Kläger haben jedoch keinen auf diesen Erlass gestützten Anspruch, da dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

2. Der Kläger zu 1. hat schon mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 (s. a) i.V.m. Abs. 3 (s. c) bzw. 4 (s. b) AufenthG. Darüber hinaus darf dem Kläger zu 1. bereits nach § 10 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG nicht erteilt werden (s. d).

a) Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung nur erteilt werden, wenn die Beigeladene nach § 39 AufenthG zugestimmt hat (cc) oder wenn durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG (bb) oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung (aa) bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur zulässig ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Es ist auch nicht durch eine auf der Verordnungsermächtigung des § 42 AufenthG beruhende Rechtsverordnung bestimmt, dass die Ausübung der Beschäftigung des Klägers zu 1. als Fahrer und Marktbeschicker ohne Zustimmung der Beigeladenen zulässig wäre.

Da sich der Kläger zu 1. bereits seit vielen Jahren im Bundesgebiet aufhält, dürften insofern nur die Vorschriften der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung, BeschVerfV) unmittelbar anwendbar sein, nicht jedoch die Bestimmungen der Verordnung über die Zulassung von neueinreisenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverordnung, BeschV). Dafür sprechen die genannten Bezeichnungen dieser Verordnungen.

Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dürfte aber nicht auf Grund einer Vorschrift der BeschVerfV ohne Zustimmung der Beigeladenen erteilt werden können. Der Verordnungsgeber hat die BeschVerfV nämlich nur auf die Verordnungsermächtigung des § 42 Abs. 2 AufenthG gestützt, während er für die BeschV auf § 42 Abs. 1 und 2 AufenthG Bezug genommen hat (insoweit unzutreffend Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 1, Stand August 2005, § 18 Rn. 6).

Allein die Verordnungsermächtigung des § 42 Abs. 1 AufenthG erlaubt in ihrer Nr. 1 jedoch dem verordnenden Bundesministerium - mit Zustimmung des Bundesrates -, Beschäftigungen zu bestimmen, für die eine Zustimmung der Beigeladenen nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erforderlich ist.

Die auf § 42 Abs. 2 AufenthG gestützte - ohne Zustimmung des Bundesrates erlassene -BeschVerfV dürfte dagegen nur die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung an Ausländer regeln, welche eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die kein Aufenthaltstitel zum Zwecke der Beschäftigung ist oder die nicht schon auf Grund des Aufenthaltsgesetzes zur Beschäftigung berechtigt, und an Ausländer, deren Aufenthalt nach dem AsylVfG gestattet ist oder die - wie der Kläger zu 1. - eine Duldung nach § 60a AufenthG besitzen (vgl. § 1 BeschVerfV) (s. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2005 - 7 L 2131/05 -).

b) Auch scheitert die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger zu 1. gemäß § 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 AufenthG daran, dass die in § 18 Abs. 4 AufenthG enthaltenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 AufenthG darf eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach Abs. 2, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, nur für eine Beschäftigung in einer Berufsgruppe erteilt werden, die durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG zugelassen ist. Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann im begründeten Einzelfall eine Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung erteilt werden, wenn an der Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht.

aa) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beschäftigung des Klägers zu 1. eine qualifizierte Berufsausbildung i.S.d. § 18 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erfordert. Eine qualifizierte Berufsausbildung liegt gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG, § 25 BeschV vor, wenn die jeweilige Beschäftigung eine mindestens dreijährige Berufsausbildung voraussetzt. Maßgeblich ist dabei ausweislich des Wortlauts und Zwecks des § 18 Abs. 4 AufenthG die Stellenbeschreibung durch den Arbeitgeber, auf die berufliche Qualifikation des Arbeitnehmers kommt es dagegen nicht an (vgl. auch Ziff. 1.18.410 der Durchführungsanweisungen des BMWA zum AufenthG; s. auch Erlass des IM NRW vom 3. August 2005 - 15-30.06-02-1- § 18 Arbeit).

Jedenfalls sind auch bei der Annahme, dass die von dem Kläger zu 1. ausgeübte Beschäftigung eine qualifizierte Berufsausbildung i.S.d. § 18 Abs. 4 Satz 1 AufenthG voraussetzt, dessen Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt. § 18 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erfordert nämlich, dass der Beruf einer Berufsgruppe zuzuordnen ist, die durch Rechtsverordnung nach § 42 AufentG zugelassen worden ist.

3. Die Kläger haben ferner keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 25 Abs. 2, 3, 4 oder 5 i.V.m. § 5 Abs. 3 AufenthG.

Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG zu. Nach dessen Satz 1 kann einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern.

Zwar dürfte die Vorschrift entgegen den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG (vorläufige Anwendungshinweise, Stand 22. Dezember 2004, Ziff. 25.4.1.1; ebenso unter Hinweis hierauf IM NRW, Erlass vom 28. Februar 2005, 15-39.05.01- 2), auch auf vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer anwendbar sein.

Dafür spricht zunächst, dass ihr Wortlaut eine entgegenstehende Beschränkung nicht enthält. Auch aus der Systematik des AufenthG ergibt sich keine solche Einschränkung. Soweit es in dem genannten Erlass des IM NRW heißt, für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer seien §§ 23a, 25 Abs. 5 AufenthG eine abschließende Sonderregelung, gibt es dafür keine stichhaltigen Anhaltspunkte. Daraus, dass diese Vorschriften nur für diese Personengruppe gelten, während andere Normen eine solche Beschränkung nicht enthalten, lässt sich nicht ableiten, dass sie damit die einzigen Vorschriften für diese Personengruppe über die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen sind. Insbesondere die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/420, S. 79f.) weist nicht in diese Richtung. Denn danach eröffnet § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit zur Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis an Personen, deren Abschiebung bislang nach § 55 Abs. 3 AuslG ausgesetzt werden konnte, mithin auch und gerade an vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27. Juni 2005 - 11 ME 95/05 -; Kammer, Urteil vom 16. Juni 2005 - 24 K 6510/03 -; so wohl auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2005 - 11 S 2779/04 -).

Die Kläger begehren jedoch keinen nur vorübergehenden Aufenthalt, so dass § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG auf sie nicht anwendbar ist.