LG Berlin

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Zitieren als:
LG Berlin, Beschluss vom 10.02.2005 - 84 T 609/04 - asyl.net: M7533
https://www.asyl.net/rsdb/M7533
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Personenstandsrecht, Personenstandsbuch, Berichtigung, Geburtsurkunde, Identitätsnachweis, Identitätszweifel, Ausweisersatz, Standesbeamter, eidesstattliche Versicherung, Syrien, Staatenlose
Normen: PStG § 47 Abs. 1; PStV § 25; PStG § 21 Abs. 1; PStG § 20
Auszüge:

Die Beteiligte zu 1. ist namentlich im Geburteneintrag auszunehmen. Für die Berichtigung des Eintrags genügt die Vorlage des vom Landeseinwohneramt ausgestellten Ausweisersatzes mit Lichtbild in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung ihrer Eltern vom ... vor dem Berliner Notar ... zu dessen UR.-Nr .... Diezusätzliche Vorlage eines gültigen Reisepasses zum Nachweis ihrer Identität, Staatenlosigkeit und ihres Personenstandes durch einen Reisepass oder andere Personenstandsurkunden war demgegenüber nicht mehr notwendig.

Nach § 25 PStV sind die Angaben zur Person der Eltern grundsätzlich durch Personenstandsurkunden nachzuweisen; ist ein Beteiligter dazu nicht in der Lage, kann er seine Angaben durch andere öffentliche Urkunden nachweisen, die seine Identität bezeugen, wie z.B. durch einen gültigen Reisepass (vgl. Beschluss der Kammer vom 29.06.2001 zu 84 T 309/00 - StAZ 2002, 369 die Anerkennung der Vaterschaft betreffend; Beschluss der Kammer vom 1.10.2003 zu 84 T 371/03 - StAZ 2004, 202 - die Anerkennung der Vaterschaft betreffend; Beschluss der Kammer vom 16.01.2004 zu 84 T 115/04 ). Das bedeutet aber nicht, dass ausländische Eltern bei der Anmeldung oder Berichtigung eines Geburteneintrags stets einen Reisepass vorlegen müssten.

Zwar hat der Standesbeamte hinsichtlich der gemäß § 21 Absatz 1 PStG in den Geburteneintrag aufzunehmenden Tatsachen die sachliche Richtigkeit der Angaben in der Geburtenanzeige gemäß § 20 PStG zu prüfen und soweit es erforderlich ist, weitergehende tatsächliche Ermittlungen anzustellen. Grundsätzlich hat er jedoch die unverzügliche Beurkundung der Geburt vorzunehmen. Treten Zweifel an der Richtigkeit der gemachten Angaben auf, kann der Standesbeamte die Beurkundung zurückstellen. Hierbei hat er zu prüfen, wie lange es vertretbar ist, die Beurkundung zurückzustellen. Dann, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass überhaupt eine Geburt stattgefunden hat und sich die Zweifel auf die Richtigkeit der gemachten Angaben beziehen, soll der Standesbeamte die Beurkundung nur zurückstellen, wenn die Klärung der Zweifel alsbald zu erwarten ist. Können bestehende Zweifel erst nach längeren Ermittlungen behoben werden, sollte die Eintragung dagegen alsbald vorgenommen werden (vgl. Hepting/Gaaz, PStG, § 20 Rn. 15; Beschluss der Kammer vom 12.08.2004 zu 84 T 310/04).

Vorliegend hat der Standesbeamte die Geburt des Beteiligten zu 3. formal beurkundet, jedoch einen Eintrag aufgenommen, aus dem ein mutter- und namenloses Kind hervorgeht. Ein solcher Eintrag, dem abgesehen von den gemäß § 21 Absatz 1 Ziffer 2 und 3 PStG enthaltenen Angaben kaum ein inhaltlicher Aussagewert zukommt, ist dem deutschen Personenstandsrecht fremd (vgl. hierzu u.a. LG Hagen StAZ 2004, 199, 200) und im vorliegenden Fall auch nicht gerechtfertigt.

Aufgabe des Geburteneintrags ist es, den urkundlichen Nachweis der verwandtschaftlichen Abstammung des betroffenen Kindes, mithin des Beteiligten zu 3. von seiner Mutter, zu ermöglichen (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 15.04,2004 zu 15 W 90/04 - StAZ 2004, 201 -). Der vom Standesbeamten vorgenommene Geburteneintrag ermöglicht einen solchen Nachweis gerade nicht, denn er sagt lediglich aus, dass zu dem angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort eine Frau ohne - nachgewiesene - Identität ein Kind ohne Vor- und Familiennamen geboren hat. Dem Beteiligten wird ein Nachweis, dass er der Namenlose ist, der von einer Frau ohne - nachgewiesene - Identität am ... in Berlin geboren worden ist, in der Zukunft kaum oder gar nicht möglich sein. Dabei steht die Tatsache seiner Geburt und somit das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihm und der Beteiligten zu 1., die sich bei der Geburt durch den vom Landeseinwohneramt ausgestellten Ausweisersatz mit Lichtbild ausgewiesen hat, durch die Geburtsanzeige der ... fest.

§ 25 PStV steht hierbei der Berichtigung trotz des fehlenden Nachweises der Identität der Beteiligten zu 1. durch Personenstandsurkunden oder einen gültigen Reisepass ihres Heimat- bzw. Herkunftslandes der Beurkundung der Geburt nicht entgegen, denn aus § 25 PStV ergibt sich nicht, dass sicher geschehene Standesfälle, die in bestimmten Punkten ungeklärt sind, von der Beurkundung auszuschließen sind und enthält insbesondere auch keine Regelung dafür, wie zu verfahren ist, wenn Identitätsnachweise nicht oder in absehbarer Zeit nicht beigebracht werden können.

Vorliegend haben die Eltern der Beteiligten zu 1. am ... vor einem Berliner Notar eine eidesstattliche Versicherung über die Geburt der Beteiligten zu 1. am ... in Syrien, ihre Staatenlosigkeit und ihren ledigen Personenstand nach staatlichem Recht sowie darüber abgegeben, dass sie bisher keine Ehe oder sonstige eheähnliche Partnerschaft eingegangen ist und bestätigen die Angaben der Beteiligten zu 1. über den vom Landeseinwohneramt ausgestellten Auweisersatz hinaus mit hinreichender Gewissheit. Der Beteiligten zu 1. ist die Vorlage eines Reisepasses und anderer Personenstandsurkunden an absehbarer Zeit nicht möglich. Aus der eidesstattlichen Versicherung ihrer Eltern vom ergibt sich zudem, dass sie nicht in syrischen Personenstandsregistern geführt wird. Aus der von der Kammer beigezogenen Ausländerakte ergeben sich keine weiteren Ermittlungsansätze für einen möglichen Nachweis der Identität der Beteiligten zu 1., dagegen auch keinerlei Anzeichen dafür, dass sie jemals falsche Personalien verwendet oder unter falschen Namen aufgetreten ist.

Aufgrund der Tatsache, dass die Angaben der Beteiligten zu 1. durch die eidesstattliche Versicherung ihrer Eltern vom ... bestätigt worden sind, hält die Kammer einen zusätzlichen Hinweis darauf, dass die Identität der Beteiligten zu 1. nicht nachgewiesen sei, unabhängig davon, ob ein solcher zusätzlicher Vermerk eintragungsfähig ist und in Fällen angebracht ist, in denen Zweifel über die gemachten Angaben fortbestehen, vorliegend nicht für notwendig.