OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.04.2005 - 18 B 377/05 - asyl.net: M7368
https://www.asyl.net/rsdb/M7368
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Duldung, Schutz von Ehe und Familie, volljährige Kinder, Abschiebung, Krankheit
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Der Antragsteller hat mit seinem Beschwerdevorbringen, das sich inhaltlich nur noch auf seinen in erster Instanz gestellten Hilfsantrag auf die Gewährung von Abschiebungsschutz erstreckt, weiterhin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung kann sich hier nur aus übergeordnetem Recht ergeben. Dabei kommt den Schutzgewährungen des Art. 6 Abs. 1 GG in Anbetracht der familiären Bindungen zwischen dem Antragsteller und seiner in Deutschland lebenden Mutter zwar ein erhebliches Gewicht zu. Es entspricht aber der in den §§ 27 ff. AufenthG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung, dass den erwachsenen Kindern von Ausländern der Zuzug zum Zwecke der Familienzusammenführung grundsätzlich nicht ermöglicht wird. Ausnahmen sind beispielsweise in Betracht zu ziehen, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalles eine derartige Beistandsgemeinschaft besteht, dass ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen zwingend angewiesen ist und diese Hilfe zumutbar nur in Deutschland erbracht werden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 1. Juli 2004 - 18 B 1165/04).

Schon danach erweist sich die Abschiebung des Antragstellers ungeachtet seiner - noch nicht bestandskräftigen Ausweisung - nicht als rechtlich unmöglich. Die in den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen prognostizierte Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter für den Fall seiner Abschiebung führt nicht dazu, dass ihm deswegen Abschiebungsschutz zu gewähren wäre. Nach ständiger Senatsrechtsprechung führt nämlich nicht jede mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für die Bundesrepublik Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr ins Heimatland einhergehende, mithin also letztlich abschiebungsbedingte Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes auf einen Duldungsgrund. Indem das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen, insbesondere psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur unter besonderen Umständen als Duldungsgründe gelten (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 24. März 2005 - 18 B 1660/04).

Diese in Bezug auf den gesundheitlichen Zustand des von der Abschiebung selbst betroffenen Ausländers entwickelte Rechtsprechung gilt auch für den Gesundheitszustand der Familienangehörigen des Abzuschiebenden, da das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das Ausländergesetz die gesundheitlichen und damit auch die hier geltend gemachten psychischen Auswirkungen der Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers auf seine nahen Familienangehörigen, die ein Bleiberecht in der Bundesrepublik besitzen, gleichermaßen in Kauf nimmt (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 29. August 2003 - 18 B 1459/03).