VG Frankfurt a.M.

Merkliste
Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.05.2005 - 3 E 413/05.A(1) - asyl.net: M7042
https://www.asyl.net/rsdb/M7042
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, interne Fluchtalternative, Kabul, Taliban, Sicherheitslage, Abschiebungsstopp, Erlass, allgemeine Gefahr, Extreme Gefahrenlage, Versorgungslage, Paschtunen
Normen: GG Art. 16a; AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Kläger hat nach der maßgeblichen Sach und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) weder Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter noch auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 25, Abs. 7 AufenthG sind nicht gegeben.

Denn das Gericht ist zum jetzt maßgeblichen Zeitpunkt der Überzeugung, dass der 1983 geborene Kläger bei einer heutigen Rückkehr zumindest im Raum Kabul hinreichend sicher vor politischer Verfolgung ist. Der Kläger hat nämlich sein Asylbegehren im Wesentlichen damit begründet, dass er nach wie vor eine Drangsalierung durch die Taliban befürchte. Nach dem Sturz der Taliban und der Übernahme der Regierung durch die Übergangsregierung Karzai sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Kläger durch die derzeitige Regierung asylrechtlich relevante Maßnahmen drohen. Zwar kommt es nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnissen vielerorts in Afghanistan noch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Dies berechtigt jedoch nicht zu der Annahme, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Opfer von asylrechtlich relevanten auf seine Person zielenden Maßnahmen werden würde. Soweit es die Taliban betrifft, zeigen diese zwar noch und wieder an bestimmten Örtlichkeiten in Afghanistan Präsenz (vgl. den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 03.11.2004, S. 12). Dies gilt allerdings nicht für den Raum um Kabul. Der Kläger muss sich insoweit darauf verweisen lassen, in diesem Landesteil Afghanistans um Schutz nachzusuchen. Zwar bleibt die Sicherheitslage bezogen insbesondere auf den Raum Kabul weiter fragil. Sie ist aber im regionalen Bereich zufriedenstellend und wird vom UNHCR für freiwillige Rückkehrer als "ausreichend sicher" bezeichnet (vgl. AA a. a. O., vgl. auch Hess. VGH, Urteil vom 10.02.2005 8 UE 185/02.A S. 30 ff des amtlichen Umdrucks).

Auch auf § 60 Abs. 7 AufenthG kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Unbesehen der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch durch den Erlass des Hess. Ministerium des Innern vom 06.12.2004 im Blick auf eine Abschiebung noch bis zum 31.05.2005 entfalteten Schutzwirkung fehlt es an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger für den Fall seiner Rückkehr einer nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.10.1995 NVwZ 1995, 476) erforderlichen extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die bei verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.