OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 04.08.2005 - 1 A 171/05 - asyl.net: M6926
https://www.asyl.net/rsdb/M6926
Leitsatz:

Kindergeld ist bei der Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 2 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigen.

 

Schlagwörter: D (A), Ehegattennachzug, Aufenthaltserlaubnis, Visumsverfahren, Visum nach Einreise, Lebensunterhalt, Kindergeld
Normen: AufenthG § 30 Abs. 1; AufenthG § 5 Abs. 2 Nr. 1; AufenthV § 39 Abs. 5; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 2 Abs. 3
Auszüge:

Kindergeld ist bei der Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 2 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dem Kläger dürfe keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, weil sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Zur Begründung führt sie an, das Kindergeld, das der Kläger für seinen Sohn Edis bezieht, dürfe bei der Ermittlung des Familieneinkommens nicht berücksichtigt werden. Diese Auffassung ist aber offensichtlich unrichtig.

Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG bleiben "dabei" das Kindergeld und Erziehungsgeld sowie öffentliche Mittel außer Betracht, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Das Wort "dabei" bezieht sich nicht auf die Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auf die Nichtberücksichtigung öffentlicher Mittel. Die gegenteilige Interpretation der Beklagten macht keinen Sinn. Sie würde dazu führen, dass Ausländer, die öffentliche Mittel in Anspruch nehmen, die nicht auf Beitragsleistungen beruhen, gegenüber denjenigen Ausländern privilegiert, die öffentliche Mittel beziehen, auf die sie Ansprüche aufgrund eigener Beitragsleistungen erworben haben. Ausländern, die öffentliche Mittel beziehen, die gerade dazu dienen, um ihnen einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen - wie zum Beispiel ein Stipendium - dürfte, folgte man der Ansicht der Beklagten, wegen dieser Mittel keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Damit würden Sinn und Zweck der Regelung in ihr Gegenteil verkehrt. Wenn § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nunmehr das Kindergeld den öffentlichen Mitteln gleichstellt, die auf Beitragsleistungen beruhen oder den Aufenthalt ermöglichen sollen, lässt dies nur den Schluss zu, dass der frühere Streit über die Berücksichtigungsfähigkeit des Kindergeldes (vgl. die Nachweise im erstinstanzlichen Urteil) beendet und Kindergeld als unterhaltsicherungsfähiges Einkommen angesehen werden soll.