VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Beschluss vom 13.04.2005 - 8 L 509/05.A - asyl.net: M6859
https://www.asyl.net/rsdb/M6859
Leitsatz:

Einstweiliger Rechtsschutz auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG richtet sich nach § 80 Abs. 5 AufenthG (Änderung der Rspr. der Kammer).

 

Schlagwörter: Äthiopien, Zuwanderungsgesetz, Gesetzesänderung, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Abschiebungshindernis, Abschiebungsandrohung, Krankheit, Medizinische Versorgung, Nierentransplantation, Alleinerziehende Frauen, Minderjährige
Normen: VwGO § 80 Abs. 7; VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 60 Abs. 7; AufenthG § 59 Abs. 3 S. 2
Auszüge:

Einstweiliger Rechtsschutz auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG richtet sich nach § 80 Abs. 5 AufenthG (Änderung der Rspr. der Kammer).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben, der Antragsteller kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

Vorliegend ergibt sich die Notwendigkeit der Abänderung des Beschlusses vom 17. Juni 2003 aus der durch das Zuwanderungsgesetz seit dem 1. Januar 2005 veränderten Rechtslage.

Soweit in dem Beschluss vom 17. Juni 2003 ausgeführt ist, die Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 des Ausländergesetzes (AuslG) führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung, um Rechtsschutz sei im Falle der Gefahr konkreter Abschiebungsmaßnahmen mit einem Antrag nach § 123 VwGO gegen das Bundesamt nachzusuchen, hält die Kammer daran schon vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung nicht fest.

Nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage blieb die Abschiebungsandrohung, auch bei einer zur Feststellung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG verpflichtenden extremen Gefahrenlage bestehen, weil in § 41 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) die Rechtsfolgen der Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausdrücklich und abschließend geregelt waren und deshalb für eine erweiternde Auslegung des § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG kein Raum war (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - InfAuslR 1997, 420, 422).

Mit Inkrafttreten der durch das Zuwanderungsgesetz bewirkten Rechtsänderungen zum 1. Januar 2005 ist § 41 AsylVfG aufgehoben worden. § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, der an die Stelle von § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG getreten ist, differenziert nicht mehr nach der Rechtsgrundlage der Abschiebungshindernisse. Für das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG gelten deshalb nunmehr die gleichen Grundsätze wie bei den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 AufenthG mit der Folge der Statthaftigkeit des einstweiligen Rechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Dieser Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Hinsichtlich des Antragstellers zu 1. wurde bereits im Beschluss vom 17. Juni 2003 im Verfahren 2 L 1258/03.A ausgeführt, dass hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, da der Antragsteller zu 1. aufgrund einer Nierentransplantation wohl langfristig Medikamente einnehmen müsse und auf kontinuierliche ärztliche Kontrollen angewiesen sei. Die im vorliegenden Verfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis ... bestätigt diese vorläufge Einschätzung. Die weitere Auklärung der Schwere der Erkrankung und ihrer Behandelbarkeit in Äthiopien muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung liegen aber erhebliche Gründe für die Annahme vor, dass der Antragsteller zu 1. bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre.

Auch hinsichtlich der Antragsteller zu 2. bis 7. liegen für den Fall einer sofortigen Abschiebung vor dem Hintergrund, dass eine sofortige Abschiebung des Antragstellers zu 1. wie ausgeführt unzulässig ist, bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Antragstellerin zu 2. ist nach ihren Angaben gegenüber dem Bundesamt in Saudi-Arabien geboren und aufgewachsen. Sie hat nach eigenen Angaben nie in Äthiopien gelebt und verfügt nach eigenen Angaben über keine familiären Beziehungen nach Äthiopien. Sie müsste im Falle einer Abschiebung ohne den Antragsteller zu 1. in einem ihr fremden Land für sich und fünf minderjährige Kinder - die Antragsteller zu 3. bis 7. - sorgen. Bei dieser Sachlage sprechen - vorbehaltlich einer abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren - erhebliche Gründe dafür, dass die Antragsteller zu 3. bis 7. bei einer sofortigen Rückkehr nach Äthiopien existenziell gefährdet wären.