VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Beschluss vom 26.05.2005 - 7 B 1964/05 - asyl.net: M6746
https://www.asyl.net/rsdb/M6746
Leitsatz:
Schlagwörter: Togo, UFC, Exilpolitische Betätigung, Oppositionelle, Presse, Machtwechsel, Folgeantrag, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylVfG § 71 Abs. 5 S. 2; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Aufgrund der aktuellen Lage in Togo bestehen ernstliche Zweifel daran, dass an der Entscheidung des Bundesamtes jedenfalls im Hinblick auf Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 AufenthG (weiter) festgehalten werden kann.

Allerdings enthält insbesondere der vom Antragsteller selbst verfasste Artikel insoweit nur allgemeine Phrasen ohne weitergehende Brisanz. Zu derartigen Veröffentlichungen hat das Auswärtige Amt seit geraumer Zeit in diversen Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass Veröffentlichungen von Asylbewerbern aus Deutschland in togoischen Zeitschriften, Zeitungen von Exiltogoern oder im lnternet nicht zu einer Gefahr für die Autoren führen, vom togoischen Regime verfolgt zu werden. Derartige Artikel würden von der Regierung nicht ernst genommen. Eine feststellbare Reaktion sei bislang nur in spektakulären Einzelfällen erfolgt, als z. B. der Herausgeber einer Zeitung dem Präsidenten unterstellt hatte, Milliarden Dollar angehäuft zu haben. Mittlerweile liege sogar eine Stellungnahme der togoischen Regierung vom 26. August 2004 zu derartigen Artikeln vor, in der erklärt werde, dass die togoische Regierung erkenne, dass Asylbewerber mittels bezahlter Artikel in der togoischen Presse einen Sachverhalt konstruierten, um ihn anschließend als Argument in ihrer Antragstellung zu benutzen (siehe dazu Auswärtiges Amt an VG Oldenburg vom 01. Februar 2005; Auswärtiges Amt an VG Hannover vom 27. Dezember 2004; Auswärtiges Amt an VG Hannover vom 4. Juli 2004; Auswärtiges Amt an VG Arnsberg vom 30. März 2004).

Die vorgenannten Erkenntnismittel beziehen sich aber sämtlichst auf eine Situation vor der Machtergreifung des Fauré Gnassingbé im Frühjahr dieses Jahres. Der Antragsteller hat in seinem Antrag zutreffend darauf hingewiesen, dass die politische Lage in Togo seit dem Tod des früheren Präsidenten Eyadema und insbesondere auch nach den Präsidentschaftswahlen im April 2005 extrem instabil ist und es seitdem zu erheblichen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition gekommen ist. Der UNHCR berichtete am 02. Mai 2005 darüber, dass wegen der Unruhen nach den Wahlen in Togo rund 16.500 Togolesen in die Nachbarländer Benin und Ghana geflohen seien (sh. www.unhcr.de/print.php?aid=1208). In den sogenannten Briefing Notes des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Mai 2005 ist bereits von 26.000 Flüchtlingen die Rede, in den Briefing Notes vom 23. Mai 2005 von rund 32.000 Flüchtlingen, obwohl der Flüchtlingsstrom etwas abgeebbt sei und einige der Flüchtlinge nach Togo zurückgekehrt seien. Auch das Auswärtige Amt beziffert die Zahl der Flüchtlinge in einer Pressemitteilung vom 23. Mai 2005 auf 31.000 (www.auswaertiges-amt.de/www/de/ausgabe_archiv??archiv_id=7204) und rät dazu, nur solche Reisen nach Togo zu unternehmen, die unaufschiebbar seien (sh. Auswärtiges Amt, Togo Sicherheitshinweise vom 09. Mai 2005). In der Zeitschrift TAZ vom 18.05.2005 (www.taz.de/pt/2005/05/18/a0104.mf/textdruck) wird über einen Bericht der togoischen Menschenrechtsliga LTDH informiert, wonach seit dem 18.05.2005 in Togo rund 790 Menschen getötet und weit über 4000 verletzt worden seien. Das Gericht hält die Zahl der Flüchtlinge angesichts der Größe der Gesamtbevölkerung (rund 5 Millionen) für erheblich und für einen bedeutsamen Indikator dafür, dass die gegenwärtige Regierung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln um ihren Machterhalt kämpft. Einer vergleichbaren Bedrohung ist das togoische Regime seit langer Zeit nicht mehr ausgesetzt gewesen. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht davon überzeugt, dass politisch oppositionell denkende und handelnde Togoer - so auch der Antragsteller - im Falle ihrer Rückkehr nach Togo gegenwärtig mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu gewärtigen haben. Eine alsbaldige Beruhigung der Lage ist gegenwärtig nicht erkennbar, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die angekündigte "Regierung der nationalen Einheit".