SG Aachen

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Zitieren als:
SG Aachen, Beschluss vom 03.06.2005 - S 19 AY 6/05 ER - asyl.net: M6670
https://www.asyl.net/rsdb/M6670
Leitsatz:

Leistungen nach dem BSHG oder dem GSiG sind auf die 36-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG n.F. anzurechnen.

 

Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, 36-Monats-Frist, Zuwanderungsgesetz, Gesetzesänderung, BSHG, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; AsylbLG § 3
Auszüge:

Leistungen nach dem BSHG oder dem GSiG sind auf die 36-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG n.F. anzurechnen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 AsylbLG liegen vor.

Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der ab dem 01.01.2005 gültigen Fassung ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten, Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

Zwar hat der Antragsteller tatsächlich frühestens ab dem 01.06.1997 (zu diesem Zeitpunkt trat § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. in Kraft) keine drei Jahre Leistungen nach § 3 des AsylbLG bezogen. Dies beruht jedoch darauf, dass er ab diesem Zeitpunkt andere Leistungen bezogen hat, die diesen Leistungen vorrangig waren. Der Antragsteller bezog nämlich bereits seit 1994 Leistungen nach dem BSHG bzw. später nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG). Dies ändert aber nichts daran, dass er während dieses Zeitraums und auch seit dem 01.06.1997 dem Grunde nach über mehr als 3 Jahre auch einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG a. F. gehabt hätte.

Die entsprechenden Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des SGB XII stehen dem Antragsteller auch nach der Änderung des. AsylbLG zum 01.01.2005 weiterhin zu.

Die entgegenstehende Auffassung des Antragsgegners, dass bereits der klare und eindeutige Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG gegen einen Leistungsanspruch des Antragstellers ab dem 01.01.2005 gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung der Vorschriften das SGB XII spreche, greift nicht durch. Der Antragsgegner trägt vor, dass der Antragsteller nach dem neuen AufenthG jetzt über eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 26 Abs. 5 dieses Gesetzes verfüge und somit dem Personenkreis des § 1 Abs. 1. Nr. 3 AsylbLG unterfalle. Damit habe er aber keinen Leistungsanspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ab dem 01.01.2005, weil er nicht gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG n. F. zuvor über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen habe.

Dies überzeugt nicht. Sinn und Zweck von § 2 des AsylbLG war es bereits in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, diejenigen Leistungsberechtigten besser zu stellen, die sich für eine bestimmte Dauer in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und die die Dauer ihres Aufenthaltes nicht rechtsmißbräuchlich selbst beeinflusst haben (vgl. etwa Bundessozialhilfegesetz, Lehr- und Praxiskommentar, § 2 Rn. 1 ff).

An dieser Rechtslage hat sich auch durch die Änderung des AsylbLG zum 01.01.2005 und die zwischenzeitlich erfolgte weitere Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG zum 18.03.2005 (BGBl. Teil I, 721) nichts geändert. Zwar hat der Gesetzgeber im Rahmen dieser Änderungen unter anderem auch § 2 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG neu gefasst. Nunmehr ist entsprechend der bisherigen Rechtsprechung in § 2 Abs. 1 AsylbLG festgelegt, dass nur noch diejenigen Leistungsberechtigten Leistungen entsprechend dem SGB XII erhalten, die über eine Dauer von 36 Monaten Leistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG erhalten haben und die die Dauer ihres Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Mit dieser Neufassung sollte der Anreiz zur missbräuchlichen Asylantragstellung weiter eingeschränkt werden (Bundestagsdrucksache (BT-Drucks. 15/420, S. 120). Eine weitere Änderung des Kreises des Personenkreises, welche zukünftig ausschließlich die abgesenkten Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, war vom Gesetzgeber mit der Änderung des AsylbLG hingegen nicht beabsichtigt (BT-Drucks. 15/420). Vielmehr sollte mit Ausnahme der Missbrauchsfälle grundsätzlich auf alle Fälle von § 1 AsylbLG weiterhin das BSHG nach 36 Monaten weiter Anwendung finden (BT-Drucks. 15/420, S. 121). Bei den weiteren Änderungen des AsylbLG handelte es sich um die erforderlichen redaktionellen Anpassungen des AsylbLG an das neue AufenthG, welches zum 01.01.2005 das bisherige AuslG ersetzt hat. Auch die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG, auf die sich der Antragsgegner bei der Ablehnung des Antrags stützt, hat zum 01.01.2005 nur eine redaktionelle Änderung erfahren (BT-Drucks. 15/420, S. 120).

Nach Auffassung des Gerichts lag es nicht in der Absicht des Gesetzgebers, durch die Änderungen des AsylbLG zum 01.01.2005 grundsätzlich alle Personen, die bereits vor dem 31.12.2004 anstelle von Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG langjährig gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG Leistungen in entsprechender Anwendung des BSHG bezogen haben, diese Privilegierung ab dem 01.01.2005 nachträglich zu entziehen und ab diesem Zeitpunkt nur noch Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG zu gewähren. Es findet sich an keiner Stelle der Gesetzesbegründung und auch nicht im Gesetz selbst ein Hinweis darauf, dass alle Leistungsberechtigten, die sich bereits seit geraumer Zeit nicht rechtsmissbräuchlich im Bundesgebiet aufhalten und die bereits vor dem.01.01.2005 einen langjährigen Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in Verbindung mit den Vorschriften des BSHG gehabt haben, durch die infolge der Änderung der Ausländergesetze notwendig gewordenen redaktionellen Änderungen des AsylbLG ihre bisherigen Ansprüche verlieren sollten, um sich dann von neuem einen entsprechenden Anspruch durch erneuten Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG für 36 Monate zu erwerben. Vielmehr sollen nur Ausländer schlechter gestellt werden, die rechtsmissbräuchlich die Dauer ihres Aufenthalts selbst beeinflusst haben. Ein derartiger Missbrauch wird jedoch weder von Seiten des Antragsteller vorgetragen, noch ergeben sich für einen solchen Missbrauch irgendwelche Anhaltspunkte.