VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Urteil vom 11.08.2004 - 7 K 5164/03 - asyl.net: M6555
https://www.asyl.net/rsdb/M6555
Leitsatz:

Erziehungsgeld bleibt gem. § 8 BErzGG als Einkommen bei der Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG unberücksichtigt.(Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: Erziehungsgeld, Asylbewerberleistungsgesetz, D (A), Baden-Württemberg (A), Landeserziehungsgeld, Einkommen
Normen: AsylbLG § 7 Abs. 1 S. 1; BErzGG § 8
Auszüge:

Der Kläger hat für September 2003 einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 214,23 EUR.

Der Kläger ist als geduldeter Ausländer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG anspruchsberechtigt.

Zu Unrecht aber rechnet die Beklagte das an Frau ... geleistete Erziehungsgeld auf den Bedarf des Klägers an. Grundsätzlich ist zwar gem. § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach dem AsylbLG aufzubrauchen. Nicht zu beanstanden ist dabei, dass die Beklagte zwar vom sozialhilferechtlichen Begriff des Einkommens ausgeht und alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert zum Einkommen rechnet, dagegen die Ausnahmevorschrift des § 77 Abs. 1 BSHG im Rahmen der Asylbewerberleistungen nicht anwendet. Auch das Gericht ist der Auffassung, dass mangels entsprechender Verweisungsvorschrift die Ausnahmenorm des § 77 BSHG nicht für Leistungen nach dem AsylbLG Anwendung findet (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 15.11.2001 - 12 A 11164/01 FEVS 53, 452), Die Beklagte verkennt jedoch, dass nach § 8 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) das Erziehungsgeld und vergleichbare Leistungen der Länder als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt bleibt. Das an Frau ... bezahlte Landeserziehungsgeld ist eine dem Bundeserziehungsgeld vergleichbare Leistung des Landes Baden-Württemberg. Das Gericht hat auch keinerlei Zweifel, dass Leistungen nach dem AsylbLG Sozialleistungen im Sinne des BErzGG sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass ab 01.01.2005 § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG ausdrücklich außer den Sozialleistungen auch Leistungen nach dem AsylbLG benennt, da es sich hierbei lediglich um eine Klarstellung und nicht um eine nachträgliche Erweiterung, des Anwendungsbereiche handelt.

§ 8 BErzGG ist als speziellere Rechtsvorschrift geeignet, den in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht näher definierten Begriff des Einkommens inhaltlich einzuschränken. Nach allgemeinen Grundsätzen für Normenkonflikte verdrängt auf der Ebene gleichrangiger Gesetze die speziellere Norm die allgemeinere Regelung (lex spezialis darogat legi generali). Die nach §§ 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG, 122 Satz 1, 11 Abs.1 Satz 2 BSHG zwar grundsätzlich zulässige Anrechnung des Einkommens der nicht ehelicher Lebensgefährtin des Klägers erlaubt im gegebenen Fall somit nicht, die Anrechnung das an die Lebensgefährtin geleisteten Erziehungsgeldes als Einkommen der Haushaltsgemeinschaft.