OLG Köln

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Zitieren als:
OLG Köln, Urteil vom 30.07.2004 - 6 U 73/04 - asyl.net: M6304
https://www.asyl.net/rsdb/M6304
Leitsatz:

Rechtmäßige Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 1 UWG i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG wegen unerlaubter Rechtsbesorgung.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Rechtsberatungsgesetz, Unterlassungsanspruch, Rechtsbesorgung, Unerlaubte Rechtsbesorgung, Wettbewerbswidriges Verhalten, Vereine, Satzung, Geschäftsmäßige Rechtsbesorgung, Asylverfahren, Duldung, Antragstellung, Rechtsbehelfe, Berufsstandsähnliche Vereinigung
Normen: RBerG Art. 1 § 1; RBerG Art. 1 § 7; UWG § 1
Auszüge:

Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten wegen Verstoßes gegen § 1 UWG a.F., welcher auch im Berufungsverfahren infolge des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.06.2004 in der bis zum 08.07.2004 geltend Fassung anzuwenden ist, i. V.m. Art. 1 § 1 RBerG zur Unterlassung verurteilt.

In einem Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG liegt zugleich ein nach § 1 UWG a.F. wettbewerbswidriges Verhalten (BGH NJW 2003,3046,3049 = WRP 2003, 1103, 1107 - "Erbenermittler").

Die Tätigkeit des Beklagten in den konkreten Verletzungsformen stellt eine in diesem Sinne unerlaubte Rechtsbesorgung dar, weshalb sie als wettbewerblich unlauter zu unterlassen ist.

Der Beklagte handelt geschäftsmäßig i.S. der Vorschrift, indem er einer selbständigen, mit Wiederholungsabsicht erfolgenden Tätigkeit nachgeht, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird (vgl. hierzu BGH NJW 2001, 3541, 3542; 2000, 1560, 1561). Er verfolgt nämlich ausweislich § 2 Abs. 1 seiner Satzung den Zweck, u.a. in allen ausländerrechtlichen Belangen die Interessen seiner Mitglieder zu wahren, wozu er diesen gemäß § 6 der Satzung Beratung und Erledigung außergerichtlichen wie gerichtlichen Schriftwechsels in entsprechenden Rechtsangelegenheiten anbietet. Keiner Entscheidung bedarf es, ob entgegen der ganz herrschenden Meinung (vgl. die Nachweise bei Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 56) eine Geschäftsmäßigkeit ausnahmsweise zu verneinen ist, wenn die Tätigkeit unentgeltlich erfolgt. Der Beklagte wird in Fällen der beanstandeten Art nämlich unstreitig nicht unentgeltlich tätig, sondern erstellt seinen Mitgliedern für die außergerichtliche wie auch die gerichtliche schriftliche Vertretung Rechnungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2, 3 der Vereinssatzung i. V. mit einer gesonderten "Gebührenordnung".

Die beanstandete Tätigkeit des Beklagten stellt sich auch als Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des RBerG dar. Den zur konkreten Verletzungsform gemachten Schreiben ist gemeinsam, dass in einem formaljuristischen Verfahren, nämlich einem Asyl(folge)verfahren, Anträge gestellt ("Duldungsantrag") bzw. Rechtsbehelfe eingelegt ("Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde") und diese schriftsätzlich gegenüber der zuständigen Behörde begründet werden. Ohne dass es einer Abgrenzung bedarf, inwiefern nur eine Rechtsberatung als Unterfall der Rechtsbesorgung deshalb vorliegt, weil die Eingaben unmittelbar die Unterschrift des betroffenen Antragstellers auf einer Vorlage des Beklagten enthalten, lässt sich feststellen, dass der Schwerpunkt dieser Schriftstücke auf rechtlichem Gebiet liegt, indem sie in einem formalisierten rechtlichen Verfahren unmittelbar auf die Begründung eines bestimmten rechtlichen Status des Antragstellers abzielen, nämlich die Anerkennung als Asylsuchender. Betroffen ist damit - anders als in der von dem Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW 2003, 2247) betreffend die Tätigkeit eines Jugendschutzbeauftragten - gerade der Kernbereich rechtlicher Geschäftsbesorgung, weshalb die den Erlaubnisvorbehalt des RBerG rechtfertigenden öffentliche Belange, nämlich die Qualität der Dienstleistung, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und die Gewährleistung einer leistungsfähigen Anwaltschaft (vgl. hierzu BVerfG a.a.O.), ein Berufsausübungsinteresse des Beklagten deutlich überwiegen.

Ohne Erfolg beruft der Beklagte sich auf eine Erlaubnisfreiheit i.S. des Art. 1 § 7 RBerG. Nach Auffassung des Senats liegen die Voraussetzungen einer - tatbestandlich allein in Frage kommenden - berufsstandsähnlichen Vereinigung nicht vor.