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VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 24.02.2005 - 5 K 1899/03.A - asyl.net: M6234
https://www.asyl.net/rsdb/M6234
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung für Mitglied der MDC nach Übergriffen durch Sicherheitskräfte in Simbabwe.

 

Schlagwörter: Simbabwe, MDC, Mitglieder, Sicherheitskräfte, Übergriffe, Glaubwürdigkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Flüchtlingsanerkennung für Mitglied der MDC nach Übergriffen durch Sicherheitskräfte in Simbabwe.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Voraussetzungen für die Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG sind erfüllt.

Nach dem Ergebnis der Anhörung in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in Simbabwe politische Verfolgung erlitten hat.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger in seiner Heimat das Augenmerk staatlicher oder staatlich gelenkter Sicherheitskräfte auf sich gezogen hat. Er hat überzeugend, nachvollziehbar und detailreich geschildert, dass sein Vater als Agitator der MDC mehrfach Opfer von Übergriffen offensichtlich regierungsseitig gelenkter Kräfte geworden ist und er selbst anlässlich eines dieser Überfälle seinem Vater zu Hilfe geeilt ist und dabei mit einem Messer einen der Angreifer jedenfalls schwer verletzt hat. Darüber hinaus hat er glaubhaft machen können, sich selbst oppositionell für die MDC auf unterster Ebene eingesetzt zu haben und so innerhalb der gleichen politischen Gruppierung wie sein Vater in den Kreis der staatlicherseits verfolgten Personen geraten zu sein. Bei dieser Bewertung verkennt das Gericht nicht, dass der Kläger weder beim Bundesamt noch im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Lage gewesen ist, exakte Datierungen der Überfälle oder genaue Angaben zu deren Anzahl zu machen. Diese Defizite stellen jedoch die Glaubhaftigkeit seiner Schilderungen nicht durchgreifend in Frage, denn zum einen sind seine Darlegungen beim Bundesamt und im Termin zur mündlichen Verhandlung im Übrigen nicht nur in Grundzügen sondern auch in wesentlichen Details widerspruchsfrei und gleichbleibend. Zum anderen sind sie auch lebensnah und vom Kläger plausibel dargetan worden. Hierbei ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Kläger eigenen Angaben und auch dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung zufolge erkennbar über keine oder allenfalls eine sehr geringe Schulbildung verfügt, so dass die Anforderungen an die Detailgenauigkeit des Vorbringens nicht überspannt werden dürfen.

Zur Überzeugung des Gerichts drohte dem Kläger aufgrund der von ihm angegebenen Ereignisse auch unmittelbar eine Verfolgung, die als politische zu bewerten ist. Nach der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnislage über die Situation in Simbabwe, namentlich aus den in dem Verfahren vor dem erkennenden Gericht 5 K 2486/02.A eingeholten Auskünften des Auswärtigen Amtes (AA) vom 23. März 2004 und des Instituts für Afrikakunde (IAK) vom 8. Oktober 2004 sowie auch den übrigen Erkenntnissen, ergibt sich, dass bis in die jüngste Vergangenheit in erheblichem Umfang sowohl gegen führende Personen der MDC, aber auch gegen einfache Mitglieder in großem Umfang durch die Sicherheitskräfte und staatlich gelenkte Organisationen politisch motivierte Gewalt ausgeübt worden ist. Diese Einschätzung vertreten weitgehend ohne Einschränkung das Auswärtige Amt und das Simbabwe Human Rights NGO Forum in seinen Berichten von Juni 2002 und vom 27. November 2003. Auch amnesty international (2. Mai 2003) und das Netzwerk-Afrika-Deutschland (4. Februar 2003) unterstreichen diesen Befund. Dieses Ergebnis wird auch nicht durchgreifend in Frage gestellt durch die differenzierteren Darstellungen des IAK in seinem Gutachten vom 8. Oktober 2004. Der dortige Ansatz, dass durchaus nicht sämtliche Übergriffe politischer Gewalt staatlicherseits veranlasst sind und im Übrigen die im öffentlichen Raum verbreiteten Zahlen über Übergriffe auch dem innenpolitischen Kampf in Simbabwe dienen könnten, stellt die Tatsache, dass in Simbabwe staatlich gelenkte Übergriffe auf Oppositionelle in großer Zahl vorkommen, nicht in Frage.