BVerfG

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Zitieren als:
BVerfG, Beschluss vom 11.11.2004 - 2 BvR 387/00 - asyl.net: M6178
https://www.asyl.net/rsdb/M6178
Leitsatz:

Prozesskostenhilfe ist anteilig zu gewähren, wenn bei einer Klage auf Abschiebungsschutz gemäß § 53 AuslG nur hinsichtlich § 53 Abs. 6 AuslG aureichende Erfolgsaussichten bestehen.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Prozesskostenhilfe, Abschiebungshindernis, Kosten, Kostenrecht, Kostenquote, Gleichheitsgrundsatz, Sozialstaatsprinzip
Normen: ZPO §§ 114 ff; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 6 S. 1
Auszüge:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen in einem ausschließlich auf § 53 AuslG gestützten Asylklageverfahren ergangenen verwaltungsgerichtlichen Beschluss. Mit diesem ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in vollem Umfang abgelehnt worden, und zwar bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG mit der Begründung, dieser komme gegenüber der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG und der Aufhebung der Abschiebungsandrohung "kein beachtliches, bezifferbares eigenständiges Gewicht" zu. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3 GG, soweit er die Versagung von Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG betrifft.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe wird nach § 114 Satz 1 ZPO - neben der Bedürftigkeit - davon abhängig gemacht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Es ist allgemeine Meinung, dass bei lediglich teilweiser Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe jedenfalls in der Regel anteilig zu bewilligen ist (vgl. Philippi, in: Zöller, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 114 Rn. 20; Olbertz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand September 2003, § 166 VwGO Rn. 65).

Ob dies auch dann gelten soll, wenn die Kostenentscheidung voraussichtlich wegen überwiegenden Unterliegens des Antragstellers in vollem Umfang zu seinen Lasten ausgeht (vgl. Niedersächsisches OVG, NVwZ-RR 1998, S. 144), kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist vielmehr das Unterliegen mit dem Anspruch nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG im Verhältnis zum Anspruch nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG als hälftig zu werten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 1999 - 9 C 38/99 -, JURIS). Wirkt sich demnach die Entscheidung über den Anspruch nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im Rahmen der Kostenentscheidung einer auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG beschränkten asylverfahrensrechtlichen Klage jedenfalls nicht unerheblich aus, so ist es nicht mehr nachvollziehbar, wenn das Verwaltungsgericht die anteilige Bewilligung von Prozesskostenhilfe allein mit der Begründung ablehnt, § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG komme - gegenüber Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG und der Abschiebungsandrohung - kein beachtliches, bezifferbares eigenständiges Gewicht zu.