OLG Braunschweig

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Zitieren als:
OLG Braunschweig, Beschluss vom 18.09.2003 - 6 W 26/03 - asyl.net: M5214
https://www.asyl.net/rsdb/M5214
Leitsatz:

Unverhältnismäßigkeit einer Haftanordnung, da der Betroffene zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt war und nicht dargelegt wurde, warum mildere Mittel zur Vermeidung der Abschiebungshaft nicht in Frage kamen.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Minderjährige, Verhältnismäßigkeit, Feststellungsantrag, Rechtswidrigkeit
Normen: AuslG § 57
Auszüge:

Die Voraussetzungen für eine Haftanordnung lagen von vorn herein nicht vor, weil die Betroffene zu jener Zeit erst 16 Jahre alt war und die Antragstellerin in ihrem Haftantrag nicht dargelegt hatte, warum mildere Mittel zur Vermeidung von Abschiebungshaft nicht in Frage kamen, so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unberücksichtigt geblieben war. Das Oberlandesgericht Köln

(OLG Köln, Beschl. v. 11.09.2002 - 16 Wx 164/02) hat dazu folgende - vom Senat

geteilte - Ausführungen gemacht: "Gerade Minderjährige werden von der Vollziehung einer Haftanordnung erheblich betroffen und können hierdurch dauerhafte psychische Schäden davontragen. Nach dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allen Verwaltungshandelns, der die Ausländerbehörde in jedem Falle zwingt, das Abschiebungsverfahren größtmöglicher Beschleunigung zu betreiben und unverzüglich die notwendigen Vorbereitungen für die Abschiebung zu treffen, ist die Verwaltungsbehörde im Falle Minderjähriger darüber hinaus verpflichtet, alle Möglichkeiten zu prüfen, die auf mildere und weniger einschneidende Weise die beabsichtigte Abschiebung sichern können."

Als milderes Mittel zur Vermeidung der Abschiebungshaft kam vorliegend insbesondere die Unterbringung in geeigneten Jugendeinrichtungen in Frage. Dass derartige mildere Mittel von der Verwaltung geprüft wurden und warum sie im Einzelfall nicht in Betracht kommen, ist von der Verwaltung bereits in ihrem Haftantrag ausführlich darzustellen. Fehlt es hieran, so ist davon auszugehen, dass die Verwaltung die erforderliche Prüfung unterlassen hat und dass daher die Haftvoraussetzungen derzeit nicht vorliegen (OLG Köln, Beschl. v. 11.09.2002 - 16 Wx 164/02; OLG Köln NVwZ-Beilage I 2003, 48).