VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 30.03.2004 - 12 TG 517/04 - asyl.net: M5031
https://www.asyl.net/rsdb/M5031
Leitsatz:

Ein Erwerbsverbot als Auflage in einer Duldungsbescheinigung erweist sich jedenfalls dann als ermessensfehlerhaft, wenn es mit einer Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Ausreisepapieren begründet wird, der Betroffene aber an mehreren Versuchen der Beschaffung von Ausreisepapieren bereits ohne weiteres mitgewirkt hat und nicht feststeht, dass die nunmehr erwartete Mitwirkungshandlung überhaupt erfüllbar ist.(Amtlicher Leitsatz)

 

Schlagwörter: D (A), Abgelehnte Asylbewerber, Duldung, Auflage, Arbeitsverbot, Passbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Abschiebungshindernis, Vertretenmüssen, Identitätstäuschung
Normen: AuslG § 56 Abs. 3 S. 2; ArGV § 5 Nr. 5
Auszüge:

Die von der Ausländerbehörde gegebene Begründung für die Beifügung eines Verbots der Erwerbstätigkeit als Auflage zu der dem Antragsteller erteilten Duldung (§ 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG) erweist sich jedoch als ermessensfehlerhaft. Zwar kann grundsätzlich ermessensfehlerfrei ein solches Verbot als Nebenbestimmung einer Duldung beigefügt werden, wenn der Ausländer, der eine Duldung besitzt, diejenigen Gründe, aus denen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, selbst zu vertreten hat (Hess. VGH, 06.04.2001 - 12 TG 368/01 -, a.a.O.). Denn hierfür kann angeführt werden, dass so eine Übereinstimmung von arbeitserlaubnisrechtlichen mit aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hergestellt wird. Nach § 5 Nr. 5 Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17. September 1998 (BGBl. I S. 2899) ist - im Gegensatz zur früheren Rechtslage - die Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abweichend von § 284 Abs. 5 SGB III im Wege des Ermessens dann ausgeschlossen, wenn bei Ausländern, die eine Duldung besitzen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von diesen zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Wenn die Ausländerbehörden aufenthaltsrechtlich die Konsequenzen aus der arbeitsgenehmigungsrechtlichen Lage ziehen, so wird hierdurch erreicht, dass nicht die Arbeitsgenehmigungsbehörden, sondern die soweit in erster Linie sachkundigen Ausländerbehörden die Beurteilung vornehmen, ob ausreisepflichtige Ausländer die Gründe für die Unmöglichkeit des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen selbst zu vertreten haben (Hess. VGH, a.a.O.).

Vorliegend erweist sich die Erteilung der neuen Auflage aber deshalb als rechtswidrig, weil nicht feststeht, dass die dem Antragsteller angesonnene Mitwirkungsverpflichtung konkret genug und überhaupt erfüllbar ist. Denn es stellt keine Ausübung sachgemäßen Ermessens dar, Sanktionen an die Verletzung von Mitwirkungspflichten anzuknüpfen, wenn die Erfüllbarkeit der verlangten Mitwirkungshandlungen nicht feststeht. Dies stellt eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes dar, dass Unmögliches von niemandem verlangt werden kann.