OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 05.11.2003 - 2 LA 290/03 - asyl.net: M4720
https://www.asyl.net/rsdb/M4720
Leitsatz:

Kein Reiseausweis für staatenlose Kurden ohne syrische Staatsangehörigkeit, wenn nicht nachgewiesen ist, dass diese nicht die türkische oder irakische Staatsangehörigkeit besitzen; kein Reiseausweis gem. Art. 28 S. 1 StlÜbk bei lediglich geduldetem Aufenthalt.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Syrer, Duldung, Staatsangehörigkeit ungeklärt, Staatenlose, Reiseausweis, Rechtmäßiger Aufenthalt, Aufenthaltsbefugnis, Regelversagungsgründe, Sozialhilfebezug, Berufungszulassungsantrag
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; StlÜbk Art. 28 S. 2; StlÜbk Art. 28 S. 1; AuslG § 30; AuslG § 7 Abs. 2 Nr. 2
Auszüge:

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend angenommen, ein Anspruch auf Erteilung von Reiseausweisen für Staatenlose stehe den Klägern nicht zu, weil sie nicht hinreichend nachgewiesen hätten, Staatenlose im Sinne des Art. 28 des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen (StlÜbk) zu sein. Der von den Klägern vorgelegte Auszug aus dem Familienregister für registrierte Ausländer der syrischen Provinz Hassake besagt lediglich, die Kläger seien nicht in den Registern der syrisch-arabischen Staatsangehörigen der Provinz Hassake (auf Grund der Volkszählung von (...)) eingetragen. Die Frage, ob die Kläger nicht eine andere als die syrische Staatsangehörigkeit, nämlich insbesondere die türkische oder die irakische Staatsangehörigkeit besitzen, ist jedoch ungeklärt. Nach dem von den Klägern vorgelegten Registerauszug gehören sie möglicherweise zu der Gruppe der Kurden und deren Nachfahren, die seit 1962 von den syrischen Behörden als Staatenlose behandelt werden. Zahlreiche Angehörige dieser Gruppe hatten sich allerdings vor der Unabhängigkeit Syriens in einem der Nachbarstaaten (Türkei, Irak) aufgehalten. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Syrien vom 17.7.2003) ist es deshalb nicht auszuschließen, dass diese Kurden die Staatsangehörigkeit eines dieser Staaten erlangt haben. Auch die Kläger haben mit ihrem Zulassungsantrag nicht ausschließen können, eine andere als die syrische Staatsangehörigkeit zu besitzen.

Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung von Reiseausweisen für Staatenlose scheitert abgesehen davon auch daran, - dies stellt eine selbständig tragende Erwägung dieses Beschlusses dar - dass sich die Kläger nicht im Sinne des Art. 28 Satz 1 StlÜbk rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Mangels eigener Bestimmungen im Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen ergibt sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts grundsätzlich aus den für die Aufenhaltnahme geltenden Rechtsnormen des jeweiligen Vertragsstaates (vgl. BVerwG, Urt, v. 16.10.1990 - 1 C 15.88-, BVerwGE 87, 11, 15). In der Bundesrepublik Deutschland ist der Aufenthalt eines Ausländers grundsätzlich nur dann rechtmäßig, wenn er von derzuständigen Ausländerbehörde genehmigt worden ist (vgl § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG). Ohne eine solche Aufenthaltsgenehmigung ist der Aufenthalt des Ausländers nicht im Sinne des Art. 28 Satz 1 StlÜbk rechtmäßig (vgl. BVerwG, urt. v. 4.6.1991 - 1 C 42.88 -, BVerwGE 88, 254, 267).

Duldungen gemäß § 55 Abs. 2 AuslG, über die die Kläger lediglich verfügen, führen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht dazu, dass der Aufenthalt rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urt.v. 25.9.1997-1 C3.97 -, BVerwGE 105, 232, 235). Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes wird auch nicht schon durch das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung begründet, sondern erst durch die - Erteilung der Genehmigung (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.7.1996 -1 C 30.93 - BVerwGE 101, 295, 307 f.).

Die Kläger haben auch nicht gemäß Art. 28 Satz 2 StlÜbk einen Anspruch auf Erteilung von Reiseausweisen für Staatenlose. Auch ein dahingehender Anspruch scheitert - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - jedenfalls daran, dass die Kläger die von ihnen behauptete Staatenlosigkeit nicht hinreichend nachgewiesen haben.

Schließlich begegnet auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen, keinen emstlichen Zweifeln. Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei darauf hingewiesen, dass den Klägern gemäß § 30 Abs. 5 AuslG allenfalls eine Aufenthaltsbefugnis nach Maßgabe des § 30 Abs. 3 und 4 AuslG erteilt werden kann, da ihre Asylanträge unanfechtbar abgelehnt worden sind. Der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis steht indes der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG entgegen, weil die Kläger Leistungen nach § 3 AsylblG beziehen.