VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Urteil vom 30.10.2003 - 4 UE 4952/96.A - asyl.net: M4460
https://www.asyl.net/rsdb/M4460
Leitsatz:

Nach wie vor besteht derzeit und auf absehbare Zeit hinaus in Somalia zwar kein (Gesamt-) Staat, der in der Lage wäre, staatliche Verfolgung auszuüben, jedoch hat sich im Nordwesten des Landes ("Republik Somaliland") eine zu politischer Verfolgung im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG taugliche staatsähnliche Herrschaftsgewalt herausgebildet. Ob dies in gleicher Weise auch für den im Sommer 1998 im Nordosten des Landes ausgerufenen Regionalstaat "Puntland" anzunehmen ist, erscheint fraglich.

Für Rückkehrer/Einreisende in den Norden Somalias ist ein Überleben dort letztlich nur

gewährleistet, wenn sie aus dieser Region stammen.

Für Rückkehrer/Einreisende nach Zentral- und Südsomalia drohen zur Zeit aufgrund der prekären Sicherheitslage speziell in Mogadischu, die ein Erreichen eines sicheren Clangebietes unmöglich macht, schwerste Körperverletzungen und sogar die Tötung durch Mitglieder marodierender Banden oder verschiedener Milizen.(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Somalia, Galgale, Reer Diine, Clans, Bürgerkrieg, Gebietsgewalt, Verfolgungsbegriff, Quasi-staatliche Verfolgung, Somaliland, Puntland, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Extreme Gefahrenlage, Sicherheitslage, Versorgungslage, Existenzminimum, Alleinstehende Frauen, Kinder, Soziale Bindungen, Reisewege, Interne Fluchtalternative
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 4; AuslG § 53 Abs. 6 S.
Auszüge:

 

Die im Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge enthaltene Ablehnung der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 51 Abs. 1 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn die Klägerin hat in dem nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG in ihrer Person vorliegen. Dem entsprechend ist die im angefochtenen Urteil ausgesprochene entsprechende Verpflichtung der Beklagten aufzuheben.

Gleichfalls steht der Klägerin kein Anspruch auf die hilfsweise von ihr begehrte Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs.4 AuslG gegen die Beklagte zu. Auf die weiter hilfsweise von ihr begehrte Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hat die Klägerin dagegen einen Anspruch, so dass das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.

Der erkennende Senat geht - wie auch das Bundesverwaltungsgericht - davon aus, dass die Voraussetzungen für die als Flüchtlingsanerkennung geltende Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. §§ 3, 4 AsylVfG) nur dann vorliegen, wenn der um Abschiebungsschutz nach dieser Bestimmung nachsuchende Ausländer von einer staatlichen oder quasi-staatlichen Verfolgung bedroht ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 15. April 1997 - 9 C 15.96 -, BVerwGE 104, 254; s. auch Urt. vom 20. Februar 2001 - 9 C 21.00 -, NVwZ 2001, 818).

Auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem oben bereits dargestellten Urteil vom 20. Februar 2001 (9 C 20.00, a.a.O.) auf der Grundlage der gleichfalls bereits zitierten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 10. August 2000 entwickelten erleichterten Anforderungen an die Qualifizierung von Verfolgungsmaßnahmen in einem noch andauernden Bürgerkrieg als quasi-staatliche politische Verfolgung geht der Senat bei der zuvor geschilderten Sachlage davon aus, dass in Süd- und Zentralsomalia eine zu politischer Verfolgung im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG taugliche staatliche oder staatsähnliche Herrschaftsgewalt momentan und auch auf absehbare Zeit nicht existiert. Weder ist bislang von der Übergangsregierung in Mogadischu (TNG) ein Herrschaftsgefüge von einer gewissen Stabilität in einem abgrenzbaren(Kern-) Territorium - im Sinne einer übergreifenden Friedensordnung - errichtet worden, noch gilt dies in Bezug auf die die Übergangsregierung bekämpfende heterogene Oppositionsgruppe, die im SRRC zusammengeschlossen ist. Der Einfluss der auf der Konferenz in Arta im Jahr 2000 eingesetzten Übergangsregierung in Mogadischu auf die tatsächlichen Machtverhältnisse in Zentral- und Südsomalia kann nur als sehr gering bezeichnet werden; bis heute ist es der TNG nicht gelungen, ihren Einflussbereich über einige Viertel der Stadt hinaus auszudehnen (10. September 2001, TNHCR an Beratungsstelle der Ev. Kirche für Flüchtlinge in der Region Kassel; 20. September 2002, Lagebericht des AA). Inzwischen ist das dreijährige Mandat der somalischen Übergangsregierung am 13. August 2003 ausgelaufen, ohne dass sich die bisherigen Amtsträger auf eine Lösung hätten einigen können. Der bisherige Präsident kündigte an, dass die Übergangsregierung weiter im Amt bleibe; der entlassene Ministerpräsident bezeichnete die Verlängerung des Mandats dagegen als illegal. In der Hauptstadt Mogadischu wuchs daraufhin die Furcht vor einem neuen Ausbruch der Gewalt (14. August 2003, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Mandat der somalischen Übergangsregierung endet). Von einer auch nur annähernd dauerhaften, schutz- und verfolgungsmächtigen Gebietsgewalt kann daher in Bezug auf die TNG nicht gesprochen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Großteil des südlichen Somalias - wie zuvor bereits dargelegt - in einem von der TNG nicht erreichbaren Machtvakuum befindet, welches von den Clanführern und Milizenchefs ausgefüllt wird. In seinem Artikel "Mutmaßungen über eine Leiche" (8. Mai 2002, Die Zeit) gibt der seit zwölf Jahren in Afrika lebende "Zeit"-Korrespondent Bartholomäus Grill die tatsächliche Lage dort anschaulich wieder, wenn er ausführt: "Die Kriegsfürsten und Räuberbanden teilen die Beute Somalia unter sich auf: Wasserstellen und Weidegründe, Kamelherden und Hilfsgüter. Sie kontrollieren die Straßen, Brücken, Seehäfen, Landepisten. Sie kämpfen um die Macht über die Armut. ..."

Auch in Bezug auf die um die Macht in dieser Region kämpfenden Clans bzw. Zusammenschlüsse von Milizen, wie SRRC, gilt nichts anders. In dem von Hassan C. Nur "Shatigadud" im April 2002 ausgerufenen Verwaltungsbezirk "Südwestsomalia" hat sich bis heute weder eine Regierung noch eine funktionstüchtige Verwaltung etabliert. Es handelt sich bei diesem "Gründungsakt" wohl in der Tat - wie auch das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 20. September 2002 vermutet - um einen rein politischen Schachzug. Dieser Umstand vermag daher nicht als Indiz für das Bestehen einer auch nur annähernd hinreichend organisierten, effektiven und stabilen Gebietsgewalt in einem abgrenzbaren(Kern-) Territorium - zu dienen.

Anders stellt sich dagegen die Situation im Norden Somalias dar. Dort haben sich im Verlauf der letzten zehn Jahre zwei eigenständige Verwaltungsstrukturen herausgebildet, denen indes bisher die internationale Anerkennung versagt blieb (s. 20. September 2002, Lagebericht des AA). In Nordwestsomalia - dem früheren britischen Protektorat Somaliland - wurde bereits am 17. Mai 1991 die "Republik Somaliland" ausgerufen. Nach dem Bürgerkrieg innerhalb des in Nordwestsomalia herrschenden Clans der Issaq, der Anfang 1993 zur Vertreibung des Präsidenten Abdurrahrnan Tur und zur Einsetzung von Mohammed Ibrahim Egal führte, begannen dort die Stabilisierung des Systems und der Wiederaufbau, die sich seither kontinuierlich fortsetzten (vgl. 20. September 2002, Lagebericht des AA; 9. Januar 1997, Niederländisches Außenministerium an Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde). Als Reaktion auf die Ernennung einer gesamtsomalischen Übergangsregierung mit Sitz in Mogadischu stimmte die Bevölkerung Somalilands in einem Referendum am 31. Mai 2001 mit großer Mehrheit für die Verabschiedung einer eigenen Verfassung und festigte somit die einseitige Abspaltung Somalilands weiter. Selbst der überraschende Tod des Präsidenten Egal am 8. Mai 2004 hat die Region nicht in eine tiefe Krise gestürzt. Als dessen Nachfolger ist verfassungsgemäß der vormalige Vizepräsident Dahir Riyale Kahin nachgerückt. Zwar galt die Clanbasis von Kahin, der dem Minderheitenclan der Gadabursi angehört, als nicht ausreichend für einen dauerhaften Machterhalt, dennoch kam es nicht zu einem offenen Widerstand gegen ihn (20. September 2002, Lagebericht des AA). Am 14. April 2003 fanden zum ersten Mal seit 35 Jahren auf dem Staatsgebiet Somalias, nämlich in der "RepublikSomaliland", freie Wahlen statt, die vom Präsidenten Kahin angesetzt worden waren und in denen dieser seinen wichtigsten Herausforderer Ahmed Mohammed Silanyo knapp besiegte (22. April 2003, taz: Historische Wahl in Somalia). Die fünf Provinzen - Woqooyi, Galbeed, Toghdeer, Sanaaq und Nugaal (westlicherTeil) - die im Jahre 1991 die unabhängige Republik Somaliland ausriefen, haben eine erkennbare Form von Obrigkeitsverwaltung, in die Polizei, Gerichte und ein Steuersystem eingebettet sind. Seit Mai 1993 existiert ein Parlament, bestehend aus zwei Karnmern mit je 75 Mitgliedern, dem Haus der Abgeordneten und einem Rat der (Clan-) Ältesten (Guurti). Eine unabhängige richterlicheGewalt spricht Recht auf der Basis des vor allem britischen common law, manchmal ergänzt mit islamischem Recht (23. Oktober 1998, Niederländisches Außenministerium: Bericht vom Oktober 1998 betreffend die Situation in Somalia in Verbindung mit Asylverfahren).

In seinem Lagebericht vom 20. September 2002 teilt das Auswärtige Amt mit, die "Republik Somalia" besitze eine in weiten Landesteilen, wenn auch nicht überall in demselben Maße, institutionalisierte Staatsgewalt mit zentraler Regierung sowie Verwaltung, Rechtsprechung und Polizei auf örtlicher Ebene, einem Territorium (dessen östliche Grenze zu "Puntland" umstritten sei) und einer Bevölkerung, die sich - abgesehen von den östlichen Landesteilen - mehrheitlich mit Somaliland identifiziere. Auch der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, bestätigt in seiner - bereits mehrfach zitierten - an die Beratungsstelle der Ev. Kirche für Flüchtlinge in der Region Kassel gerichteten Mitteilung vom 10. September 2001, dass sich in - Somaliland Herrschaftsstrukturen mit einer funktionierenden Verwaltung entwickelt hätten, die Kontrolle über ihr Territorium ausübten und deren Behörden in der Lage seien, Recht und Ordnung wirksam durchzusetzen. Dazu bedient sich die Regierung in erster Linie eines Heeres von ca. 25.000 Polizisten und Soldaten, das sich aus ehemaligen Milizionären rekrutiert (4. September 2001, FAZ: "Und wenn es hundert Jahre dauert").

In Anbetracht dieser Sachlage geht der Senat davon aus, dass der ständig fortschreitende Wiederaufbau Nordwestsomalias dort zu staatsähnlichen Machtstrukturen geführt hat.

Die Lage im Nordosten Somalias entzieht sich demgegenüber einer solch eindeutigen Bewertung.

Vorliegend kann indes die Frage nach der Existenz einer "stabilisierten" schutz- und verfolgungsmächtigen Gebietsgewalt in Bezug auf "Puntland" offen bleiben.

Denn auch wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt und weiterhin nach den obigen Ausführungen in Bezug auf die "Republik Somaliland" dort vom Vorliegen einer staatsähnlichen Herrschaftsgewalt ausgegangen werden kann, so sind Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei einer Einreise nach Somalia in den genannten beiden Regionen einer politischen Verfolgung durch die jeweilige Herrschaftsmacht ausgesetzt wäre, nicht ersichtlich. Eine Verfolgung der Klägerin allein aufgrund der von ihr behaupteten Zugehörigkeit zu der Minderheitsgruppe der Galgale bzw. wegen des patrilinearen Abstammungsprinzips (vgl. 4. Mai 2000, Institut für Afrikakunde an Unabhängigen Bundesasylsenat Wien) aufgrund der durch ihren Vater vermittelten Zugehörigkeit zu dem Darod-Marehan-Subclan Reer Diine ist dort nicht zu erwarten. In dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes betreffend Somalia vom 25. F ebruar 1999 wird die Feststellung getroffen, dass im Norden Somalias eine Verfolgung von Personen nur aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit nicht (mehr) stattfinde. Dies soll auch für Personen gelten, die früher in anderen Landesteilen gewohnt haben und nach Nordsomalia umsiedeln. Dass in der "Republik Somaliland" und auch in "Puntland" eine systematische Verfolgung wegen der Clanzugehörigkeit nicht bekannt ist, wird auch vom Institut für Afrikakunde bestätigt (11. November 1999, IfA an VG Düsseldorf). Nach einem Bericht des Niederländischen Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten vom Februar 2000 zu Somalia (Lage im Zusammenhang mit Asylverfahren, S. 25, 34) gibt es sogar in ganz Somalia keine Hinweise darauf, dass ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan oder einer Minderheitengruppe Verfolgungen stattfinden. Auch nach Einschätzung von Prof. Dr. Maho Aves (26. November 2001, Stellungnahme an VG Hannover) hat aufgrund einer gewissen Aussöhnung zwischen den Clans in den letzten Jahren kein Somali zu befürchten, wegen seiner Clanzugehörigkeit verfolgt oder sogar getötet zu werden. Die von Prof. Dr. Aves angenommenen Ausnahmen von dieser Regel beziehen sich auf den Abgal-Clan als möglichen Verfolger der Galgale. Der Clan der Abgal ist indes ausschließlich im Süden von Somalia ansässig und somit nach den obigen Ausführungen in einem Gebiet, in dem eine zur Verfolgung fähige staatsähnliche Herrschaftsmacht nicht existiert.

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Bundesrepublik Deutschland geborene minderjährige Klägerin wegen ihrer Clan- oder Gruppenzugehörigkeit in den genannten nördlichen Regionen Somalias einer Verfolgung durch die dortige Herrschaftsgewalt ausgesetzt sein könnte, sind daher nicht erkennbar. Andere Verfolgungsgründe sind von ihr weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Klägerin hat aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Feststellung, dass in ihrer Person ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG für Somalia besteht.

Bei einer gemeinsamen Einreise der Klägerin mit ihrer Mutter in ihre Heimatregion wären beide dort aufgrund der oben geschilderten Verhältnisse in Zentral- und Südsomalia, insbesondere in der Stadt Mogadischu, dem baldigen sicheren Hungertod oder jedenfalls schwersten Verletzungen ausgeliefert. Die Lage in den meisten Teilen Zentral- und Südsomalias, insbesondere in Mogadischu, ist unter Sicherheitsaspekten als äußerst prekär einzustufen, sie ist nach wie vor durch Rechtlosigkeit und weitverbreitetes Banditentum gekennzeichnet (3. März 2000, Lagebericht des AA). Ohne den Schutz von in erster Linie männlichen Familienangehörigen oder weiteren Verwandten wären die Klägerin und ihre Mutter dort ohne jegliche Existenzgrundlage. Dem Clan der Reer Diine oder dem Clan der Mutter der Klägerin angehörige Familienmitglieder leben indes nach dem nachvollziehbaren Vorbringen der Klägerin - das von ihrem Vater in der mündlichen Verhandlung auf gerichtliche Befragung bestätigt worden ist - in Mogadischu nicht mehr. Die Angaben der Klägerin, dass ihre Familie und ihre Clangruppe zerschlagen worden seien und für sie in Somalia keinerlei familiäre Strukturen mehr existierten, werden auch durch die im vorliegenden Verfahren eingeholte Stellungnahme des Institutes für Afrikakunde vom 17. März 1998 bestätigt, wonach die (relativ kleine) Gruppe der Galgale durch die Vertreibung bzw. Flucht aus Mogadischu zerstreut worden ist und es keine Hinweise darauf gibt, dass diese Gruppe irgendwo in Somalia als Clanfraktion oder als Miliz in Erscheinung getreten ist oder in einem geographisch abgrenzbaren Gebiet eine Vorherrschaft hat. In diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung, dass die Klägerin bereits unmittelbar nach ihrer Ankunft in Mogooischu der konketen Gefahr ausgeliefert wäre, Opfer von schwersten Gewaltanwendungen zu werden. Nach den obigen Ausführungen drohen ihr aufgrund der prekären Sicherheitslage speziell in Mogadischu schwerste Körperverletzungen und sogar die Tötung durch Mitglieder marodierender Banden oder verschiedener Milizen, die überall in der Stadt Straßensperren errichtet haben. Dies gilt in besonderem Maße für die Klägerin als minderjährige weibliche Person und ihre Mutter als alleinstehende Frau, die ohne männlichen (Begleit-) Schutz zudem noch der konkreten Gefahr, Opfer einer Vergewaltigung zu werden, ausgesetzt wären.

Aber auch wenn man - abstellend auf die Informationen in dem Schreiben des Niederländischen Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten vom 11. Juni 1998 - davon auszugehen hätte, die Galgale würden nach ihrer Flucht aus Mogadischu nach Kismaayo seitdem in dem Gebiet "Lower-Juba" von den Majarteen unterstützt und geschützt oder auch von dem im Gebiet der Abgal ansässigen Stamm der Mudulod, der im Übrigen nach den auf die Ausarbeitungen des UNHCR-Mitarbeiters Guido Ambroso ("Das somalische Clansystem" vom 12.02.1997, Abbildung 9) gestützten Erkenntnissen des Senats nicht der Darod-Gruppe, sondern dem Hawiye-Clanverband zuzurechnen ist, könnte die Klägerin nach den zuvor bereits wiedergegebenen übereinstimmenden Angaben der verschiedenen Erkenntnisquellen und der darauf basierenden Einschätzung des Senats diese Gebiete, in denen ihr möglicherweise Schutz von den dort ansässigen zuvor genannten Stämmen gewährt würde, gar nicht erst sicher erreichen.

Der Klägerin steht auch keine Ausweichmöglichkeit im Norden des Landes offen.