OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Beschluss vom 02.09.2003 - A 5 B 357/01 - asyl.net: M4232
https://www.asyl.net/rsdb/M4232
Leitsatz:

Die Aufhebung einer Terminsaufhebung und Ablehnung eines rechtzeitig gestellten Antrags auf Terminsverlegung einen Tag vor dem Verhandlungstermin verletzt den Antragsteller in mehrfacher Hinsicht in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör.

Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, Rechtliches Gehör, Terminsverlegung, Terminsaufhebung, Fristen, Ladungsfrist, Überraschungsentscheidung
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3; VwGO § 102 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; SächsVerf Art. 78 Abs. 2
Auszüge:

Die Aufhebung einer Terminsaufhebung und Ablehnung eines rechtzeitig gestellten Antrags auf Terminsverlegung einen Tag vor dem Verhandlungstermin verletzt den Antragsteller in mehrfacher Hinsicht in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör.

(Amtlicher Leitsatz)

Einem Beteiligten wird das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 78 Abs. 2 SächsVerf) versagt, wenn die Ablehnung seines wegen Verhinderung seines Prozessbevollmächtigten gestellten Terminsverlegungsantrags so spät erfolgt, dass die rechtzeitige Bestellung eines anderen Bevollmächtigten nicht mehr möglich und zumutbar ist (vgl. Kopp/Schenke VwGO, 13. Aufl. 2003, § 138. RdNr. 15).

So verhielt es sich hier. Prozessbevollmächtigter des Klägers war - zumindest auch - Rechtsanwalt W. Dieser hatte erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung glaubhaft gemacht (vgl. § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO). Die nur einen Tag vor dem Verhandlungstermin an ihn ergangene telefonische Mitteilung darüber, dass der Termin nicht verlegt werde, verwehrte es dem Kläger, einen anderen Bevollmächtigten zu bestellen, der in der Kürze der verbleibenden Zeit von nur wenigen Stunden zu einer sachgerechten Vertretung und Terminswahrnehmung in der Lage gewesen wäre. Das gilt umso mehr, wenn man auf den erst im Termin selbst ergangenen Beschluss über die Ablehnung der Verlegung abstellt. Der Einzelrichter konnte in dieser Situation auch nicht auf Rechtsanwalt H. verweisen - selbst wenn dessen Mandat nicht durch Kündigung beendet worden sein sollte -, weil dieser ihm gegenüber gerade erklärt hatte, er werde zu dem Termin nicht erscheinen.

Hinzu kommt, dass der Einzelrichter zuvor antragsgemäß die Aufhebung des Termins verfügt und die betreffende Mitteilung an Rechtsanwalt W. veranlasst hatte. Unter diesen Umständen stellt sich die im Termin bzw. einen Tag vorher erlassene negative Entscheidung über den Verlegungsantrag darüber hinaus als eine das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzende (verfahrensrechtliche) Überraschungsentscheidung dar. Im Übrigen ist es konstruktiv ausgeschlossen, nachdem bereits über einen Verlegungsantrag eine dem Begehren (auch) entsprechende Entscheidung in Form der Aufhebung des Termins ergangen ist, den Verlegungsantrag nochmals abzulehnen.