Die erstmalige Anordnung einer Wohnsitzauflage zur Duldung ist ein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt; es ist keine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung; die Wiederholung der Auflage bei Verlängerung der Duldung ist nicht anfechtbar; wird dem Inhaber einer Duldung mit Wohnsitzauflage eine Aufenthaltsbefugnis mit derselben Wohnsitzauflage erteilt, kann darin nach den Umständen des Einzelfalls eine neue Wohnsitzauflage gesehen werden; ein Antrag auf eine auflagenfreie Aufenthaltsbefugnis ist zugleich ein Antrag auf Aufhebung der Wohnsitzauflage.(Leitsatz der Redaktion)
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Die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 VwGO hat auf der maßgeblichen Grundlage dessen, was die Antragstellerin hierzu vorgetragen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat es zutreffend abgelehnt, festzustellen, dass dem Widerspruch der Antragstellerin vom 3. Mai 2002 gegen die in der am 30. April 2002 erteilten Aufenthaltsbefugnis enthaltene Wohnsitzauflage aufschiebende Wirkung zukommt. Gleiches gilt nunmehr für die nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2003 erhobene Klage -3 K 203/03- vor dem Verwaltungsgericht Cottbus. Das Antragsbegehren war allerdings nicht bereits deshalb von vornherein unbegründet, weil sich die Wohnsitzauflage, die bereits der am 29. Juni 1999 erteilten Duldung beigefügt war, als Maßnahme der Vollstreckung darstellen würde und dem Widerspruch gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 39 VwVG BB keine aufschiebende Wirkung zukäme. Insoweit neigt der Senat der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin (NVwZ 1998, Beilage Nr. 8, 82; a.A. VG Wiesbaden, HessVGRspr. 2000, 63 f.; vgl. auch BSG InfAuslR 1990, 90, 92) zu , nach der es die vollstreckungsrechtliche Funktion einer Duldung allein nicht rechtfertigt, auch die ihr beigefügte Auflage als Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung im Sinne der Vollstreckungsgesetze zu qualifizieren.
Das Verwaltungsgericht hat aber zu Recht festgestellt, dass die der Aufenthaltsbefugnis vom 30. April 2002 beigefügte Wohnsitzauflage rechtlich nur als Wiederholung derselben, die bereits der unter dem 29. Juni 1999 der Antragstellerin erteilten Duldung beigefügt war, zu qualifizieren ist und damit keine eigenständige neue Regelung darstellt, so dass gegen letztere nicht erneut der Widerspruch gegeben war, vielmehr die Wohnsitzauflage vom 29. Juni 1999 bereits Bestandskraft erlangt hatte. Die grundsätzlich selbständige Anfechtbarkeit einer Nebenbestimmung, wie der hier streitigen Wohnsitzauflage, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 44 Abs. 6 AuslG, wonach räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen auch nach Wegfall der Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nach § 42 Abs. 1 bis 4 AuslG nachgekommen ist. Diese rechtliche Konstruktion verbietet es, die entsprechende - auch selbständig durchsetzbare - Auflage nur als eine unselbständige Nebenbestimmung zur erteilten Duldung anzusehen (i. d. S. schon Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2002 - 4 A 338/02.Z -; vgl. auch GK-AuslR, Rn 13 zu § 72; BT-DruckS. 11/6321 S. 72 zu § 44 Abs. 6; zur räumlichen Beschränkung einer Aufenthaltsbefugnis vgl. BVerwG, InfAuslR 1996, 392, 393; zur Wohnsitzauflage vgl. auch VG Dresden InfAusiR 2002, 242). Mit Blick auf diese Selbständigkeit der Regelung greift auch nicht die Ausschlussregelung von § 71 Abs. 3 AuslG bzgl. der Durchführung eines Vorverfahrens (vgl. GK-AuslG, Std. Juli 2002, Rn 15 zu § 71 m.w.N.; VG Karlsruhe, B. v. 2. April 2002 -6 K 3226/01- in juris).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Wohnsitzauflage auch nicht mit Ablauf der Geltungsdauer der zuletzt erteilten Duldung wiederum erneut erteilt worden. Vielmehr regelt § 44 Abs. 6 AuslG gerade den Fortbestand der Auflage bis zu deren Aufhebung oder der Ausreise des Ausländers. Sie bleibt deshalb rechtlich unabhängig von dem Fortbestand der ursprünglich mit ihr verbundenen Duldung (Hailbronner, AuslR, Std. August 2002, Rn 21 zu § 44; VG Düsseldorf, AuAS 2000, 77, 78). Schon die Verlängerung der nur befristet erteilten Duldungen hatte keinen Einfluss auf den Fortbestand der ursprünglich erteilten Wohnsitzauflage. Die Regelung von § 44 Abs. 6 AuslG gibt auch nichts dafür her, dass bei Änderung der Qualität des Grundverwaltungsaktes damit zugleich eine ursprünglich erteilte Auflage vorliegender Art aufgehoben wäre und es sich mithin bei der Auflage zu dem neuen Grundverwaltungsakt um eine erneute Regelung handeln würde. Da die Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 14 Abs. 1 AuslG ebenfalls mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden kann, spricht nichts gegen eine grundsätzliche Fortgeltung einer bereits verfügten selbständigen Auflage. Allerdings kann die erstmalige Erteilung eines Aufenthaltsrechts durchaus Anlass geben, über den Fortbestand der Auflage sachlich neu zu befinden. In diesem Fall wäre von einer erneuten Regelung, die entsprechend mit zulässigen Rechtsmitteln angegriffen werden kann, auszugehen. Eine solche neue sachliche Entscheidung hat der Antragsgegner aber erkennbar noch nicht getroffen. Der Antragsgegner wollte die Frage der weiteren Verstärkung der Aufenthaltsposition der Antragstellerin mit Blick auf das am 27. November 2001 geborene Kind, das von einem unter Betreuung stehenden deutschen Staatsangehörigen als leibliches Kind anerkannt wurde, im Laufe der Bearbeitung des Verwaltungsverfahrens bezüglich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis klären und hat keine neue sachliche Entscheidung getroffen. Dementsprechend wurde auch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2003 der Widerspruch gegen die Wohnsitzauflage als unzulässig zurückgewiesen.
Unabhängig davon bleibt allerdings festzustellen, dass die Antragstellerin unter dem 21. Februar 2002 die hilfsweise Erteilung einer auflagenfreien Aufenthaltsbefugnis beantragt hatte und insbesondere mit Blick auf den neu entstandenen Sachverhalt des am 27. November 2001 geborenen Kindes, das möglicher Weise die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, zugleich von einem Antrag auf Aufhebung der bestandskräftigen Wohnsitzauflage auszugehen war. Hierüber ist entsprechend sachlich neu zu entscheiden. Ein solches Begehren wäre jedoch in der Hauptsache mit einer Verpflichtungsklage auf Aufhebung der Wohnsitzauflage und im vorläufigen Rechtsschutz mit einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verfolgen. Ein solcher Antrag ist erstinstanzlich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht gestellt worden. Soweit ein solcher Antrag hilfsweise mit der Beschwerdeschrift vom 18. Dezember 2002 gestellt ist, ist dieser hingegen unzulässig. Da eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn sie die Gründe darlegt, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sie sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen hat (vgl. § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 4 VwGO), folgt hieraus, dass im Beschwerdeverfahren für den in erster Instanz nicht gestellten, allein im Wege einer Antragsänderung zu verfolgenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kein Raum ist; denn das Beschwerdeverfahren dient ausschließlich der rechtlichen Überprüfung der - hier - die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffenden erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 2003, 72, 73). Für den Erfolg des entsprechenden Begehrens der Änderung der Wohnsitzauflage dürfte im Übrigen weiterhin aufzuklären sein, ob die Vaterschaftsanerkennung des deutschen Staatsangehörigen ... vom 6. Dezember 2001 zwischenzeitlich auf den entsprechenden Antrag seiner Betreuerin vom Amtsgericht Potsdam für unwirksam erklärt worden ist (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 StAG, §§ 1596 Abs. 3, 1903 BGB). [...]