VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 25.10.2002 - 15 B 99.30466 - asyl.net: M3577
https://www.asyl.net/rsdb/M3577
Leitsatz:

Bei Mehrfachbegründung muss der Berufungskläger auf alle diese Gründe eingehen.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Berufungsverfahren, Berufungsbegründung, Zulässigkeit, Mehrfachbegründung, Darlegungserfordernis, Irak, Kurden, Abschiebungsschutz, Widerruf, Änderung der Sachlage, Besuchsreisen, Abschiebungshindernis, Existenzminimum
Normen: VwGO § 194 Abs. 1; VwGO § 124a Abs. 3 S. 4; AsylVfG § 73 Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 6
Auszüge:

Nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Gründe sind im Einzelnen anzuführen. Der Berufungsführer muss daher nach Zulassung der Berufung einen gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegründung einreichen und dabei eindeutig zu erkennen geben, dass er nach wie vor die Durchführung eines Berufungsverfahrens erstrebt. Das ist hier durch den Schriftsatz des Beteiligten vom 2. Juni 1999 geschehen.

Hat das Verwaltungsgericht - wie hier - die Entscheidung auf mehrere voneinander " unabhängige, selbständig tragende Gründe" (Mehrfachbegründung) abgestellt, so muss der Berufungskläger auf alle diese Gründe eingehen . Das ist nicht geschehen.

Das Verwaltungsgericht führt in seinem Urteil zum einen aus, dass beim Kläger infolge seiner illegalen Ausreise und seines Asylantrags wegen der politischen Situation im Irak die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und des § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen. (Nur) damit befassen sich Zulassungsantrag und - daran anknüpfend - der Zulassungsbeschluss des 27. Senats. Das Verwaltungsgericht hatte die Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes aber in selbständig tragender Weise auch damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 73 Abs.1 AsylVfG nicht gegeben sind, weil kurzfristige Aufenthalte im Nordirak nicht den Schluss zuließen, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und des § 53 Abs. 4 AuslG lägen nicht mehr vor. Auch ermögliche eine bloß andere Bewertung der Lage im Irak den Widerruf nicht. Auf diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts gehen der Zulassungsantrag und der Zulassungsbeschluss des 27. Senats und daher auch die Berufungsbegründung mit keinem Wort ein. Der Beteiligte ist bei seinem Zulassungsantrag (und dann auch bei der Berufungsbegründung) offensichtlich irrtümlich davon ausgegangen, Gegenstand des Rechtsstreits sei die Feststellung von Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 und § 53 Abs. 4 AuslG.

Auch soweit das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG verpflichtet hat, ist die Berufung nicht ordnungsgemäß begründet worden. Von den im Zulassungsantrag und dem Zulassungsbeschluss des 27. Senats genannten und in der Berufungsbegründung in Bezug genommenen Beschlüssen befasst sich lediglich der Beschluss vom 27. Oktober 1998 (Az. 27 B 98.33773) mit den tatsächlichen Erwägungen, die das Verwaltungsgericht im Hinblick auf § 53 Abs. 6 AuslG zur Gefährdung durch innerkurdische Auseinandersetzungen und die "katastrophale Unterversorgung, besonders in medizinischer Hinsicht" angestellt hat. Im Beschluss vom 27. Oktober 1998 hatte der 27. Senat angenommen, die (dortigen) Kläger könnten im Hinblick auf die schlechte Versorgungslage bei der Familie des Ehemannes und Vaters Schutz finden. Diese, auf den Einzelfall bezogene Begründung lässt die grundsätzliche Annahme des Verwaltungsgerichts unberührt, bei dem Kläger seien wegen der

"katastrophalen Unterversorgung" die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG gegeben.