BVerwG

Merkliste
Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 04.02.2002 - 1 B 313.01 (1 PKH 40 - asyl.net: M3078
https://www.asyl.net/rsdb/M3078
Leitsatz:

Keine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen krankheitsbedingter Verhinderung des Erscheinens zur Berufungsverhandlung, wenn die Person ausreichend anwaltlich vertreten ist.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Revisionsverfahren, Nichtzulassungsbeschwerde, Verfahrensmangel, Rechtliches Gehör, Mündliche Verhandlung, Krankheit, Vertagungsantrag, Ablehnung
Normen: VwGO § 108 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1; VwGO § 173; ZPO § 227
Auszüge:

Die auf einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe dadurch, dass es seinem Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben habe, seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Sein Prozessbevollmächtigter habe zwar an der Berufungsverhandlung teilgenommen, er selbst sei aber krank gewesen und habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, an der Verhandlung teilzunehmen und sich in ihr zu äußern.

Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO kann eine Verhandlung (nur) aus erheblichen Gründen vertagt werden. Daraus folgt, dass bei der Ablehnung eines Vertagungsantrages eine Versagung des rechtlichen Gehörs nur dann in Betracht kommt, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO vorliegt und dem Gericht auch unterbreitet worden ist (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 13. April 1999 - BVerwG 1 C 24.97 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist auch im Asylprozess ein erheblicher Grund für eine Vertagung nicht bereits dann - quasi automatisch - anzunehmen, wenn ein anwaltlich vertretener Verfahrensbeteiligter wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen verhindert ist, selbst an der Verhandlung teilzunehmen. Vielmehr ist jeweils nach den Umständen des Falles zu prüfen, ob der Verfahrensbeteiligte ohne Terminsaufhebung bzw. - verlegung in seinen Möglichkeiten beschränkt würde, sich in dem der Sache nach gebotenen Umfang zu äußern; das bloße Anwesenheitsinteresse einer anwaltlich ausreichend vertretenen Partei wird dagegen durch ihren Gehörsanspruch nicht geschützt (vgl. Beschluss vom 31. Mai 1990 - BVerwG 7 CB 31.89 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 45).

Im Falle des Klägers ist weder der Beschwerdebegründung, noch der Niederschrift über die Berufungsverhandlung, noch den Berufungsakten insgesamt zu entnehmen, dass das Berufungsgericht von einem erheblichen Grund für eine Vertagung hätte ausgehen müssen. Der Kläger hatte gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie in seiner Klageschrift Ausführungen zu seinem individuellen Verfolgungsschicksal gemacht. Das Berufungsgericht hatte den Kläger im Januar 2000 darauf hingewiesen, dass es - anders als das Verwaltungsgericht - keine Gruppenverfolgung für türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit bejahen würde und es deshalb auf das individuelle Verfolgungsschicksal ankomme. Der Kläger nahm dies nicht zum Anlass, weitere schriftliche Ausführungen zu seinem Verfolgungsschicksal zu machen.

Die Sitzungsniederschrift und die Beschwerdebegründung geben nichts dafür her, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergänzende Ausführungen zum Verfolgungsschicksal des Klägers gemacht oder angekündigt hat, der Kläger habe ergänzende Ausführungen zu machen, die er nun selbst vorzubringen im Stande sei. Das Berufungsgericht war entschlossen, von der Richtigkeit der bisherigen Angaben des Klägers auszugehen. Bei dieser Sachlage gab es aus Sicht des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung keine Anhaltspunkte dafür, dass ein erheblicher Grund für eine Vertagung vorliegt.