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Zitieren als:
Landesbehörden, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 30.09.2020 - 3314-0001#2020/0006-0701 726.0004 - asyl.net: M28919
https://www.asyl.net/rsdb/M28919
Leitsatz:

Asylbewerberleistungsgesetz während der Corona-Pandemie:

Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Bundeslandes Rheinland-Pfalz hat in einem Schreiben an Landkreise und kreisfreie Städte über die aktuelle Auslegung des Asylbewerberleistungsgesetz informiert.

Das Ministerium weist darauf hin, dass mit der zum 1. September in Kraft getretenen Änderung des Asylbewerberleistungsgesetz auch alleinstehende Erwachsene der Leistungsstufe 2 zugeordnet werden, wenn sie in Aufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind.

Diese Regelung soll grundsätzlich unabhängig von der Covid-19-Pandemie fortgelten. Es sei jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob vorübergehend die Leistungsstufe 1 zu gewähren sei. Dies komme insbesondere dann in Betracht, wenn die spezifischen räumlichen und organisatorischen Umstände und angepassten Hygienemaßnahmen in der jeweilige Unterkunft die Möglichkeit eines gemeinsamen Wirtschaftens in erheblichem Maße einschränken.

Regelmäßig sei die Bedarfsstufe 1 zu gewährend, wenn aufgrund einer verordneten Quarantäne der leistungsberechtigten Person ein gemeinsames Wirtschaften erschwert sei.

(Zusammenfassung der Redaktion)

Schlagwörter: Leistungskürzung, Bedarfsstufe, Gemeinschaftsunterkunft, Aufnahmeeinrichtung, Sozialrecht, Corona-Virus,
Normen: AsylbLG § 3a Abs. 1 Nr. 2 Bst. b, AsylbLG § 3a Abs. 2 Nr. 2 st. b,
Auszüge:

[...]

1.2 Im Rahmen der Antwort auf die Kleine Anfrage der BT-Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 19/20984, Ziffer 6) verweist die Bundesregierung – unter Berücksichtigung möglicher Auswirkungen der Corona-Pandemie – auf eine einschränkende Auslegung der Norm, wie nachfolgend dargestellt:

"Die Regelungen des AsylbLG gelten unabhängig von der aktuellen Covid-19-Pandemie fort. Im Grundsatz gilt somit auch weiterhin die Regelung hinsichtlich der Zuordnung von in Sammelunterkünften untergebrachten Erwachsenen zur Bedarfsstufe 2. Vor dem Hintergrund der im Gesetzgebungsprozess nicht vorhersehbaren Pandemie-Situation vertritt die Bundesregierung indes die Auffassung, dass in Ausnahmefällen eine teleologische Reduktion des § 3a Absatz 1 Nummer 2b sowie Absatz 2 Nummer 2b AsylbLG übergangsweise in Betracht kommen kann. Eine teleologische Reduktion der Norm mit der Folge der Anwendung der Bedarfsstufe 1 nach §§ 3a Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Nummer 1 AsylbLG kommt dabei in Betracht, soweit unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles, insbesondere der spezifischen räumlichen und organisatorischen Umstände in den einzelnen Sammelunterkünften, aus Gründen des Infektionsschutzes erforderliche Maßnahmen ergriffen wurden, die die Möglichkeit eines gemeinsamen Wirtschaftens in erheblichem Umfang einschränken."

1.3 Vor diesem Hintergrund wird zur Sicherstellung eines rechtskonformen Gesetzesvollzuges dringend empfohlen, geeignete Einzelfälle in Ihrem Zuständigkeitsbereich, die aktuell der Leistungsstufe 2 nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 b) und Abs. 2 Nr. 2 b) AsylbLG unterfallen, dahingehend zu überprüfen, ob unter Würdigung der Ausführungen des Bundes vorübergehend die Leistungsstufe 1 zu gewähren ist.

1.4 Ergänzend zu den Ausführungen der Bundesregierung wird (nach Bewertung des Integrationsministeriums) eine teleologische Reduktion regelhaft dann in Betracht zu ziehen sein, wenn und solange die leistungsberechtigte Person sich in Quarantäne befindet, weil ein begründeter Verdachtsfall oder eine nachgewiesene COVID-19-Infektion vorliegt. Regelhaft dürfte dann ein gemeinsames Wirtschaften aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Restriktionen erheblich erschwert sein. [....]