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AG Nordhausen

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Zitieren als:
AG Nordhausen, Urteil vom 24.02.2020 - 31 Ds 360 Js 61538/18 - asyl.net: M28677
https://www.asyl.net/rsdb/M28677
Leitsatz:

Freispruch vom Vorwurf des (Sozialhilfe-)Betrugs:

Ein Antrag auf Sozialleistungen unter Angabe von falschen Personalien erfüllt nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges nach § 263 StGB, wenn die Leistungen auch bei Angabe der richtigen Personalien gewährt worden wären.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Identitätstäuschung, Betrug, Sozialleistungen, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz,
Normen: StGB § 263,
Auszüge:

[...]

Indes war der Angeklagte auch vom hiernach verbleibenden Vorwurf des (einfachen) Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Ausweislich des Wortlautes der letztgenannten Norm setzt der objektive Tatbestand des Betruges voraus, dass der Täter täuscht, hierdurch einen Irrtum beim Getäuschten hervorruft und der Irrende aufgrund dessen eine - kausal auf dem Irrtum basierende - Vermögensverfügung vornimmt. Im Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung stellte sich jedoch heraus, dass eine solche kausal auf dem erzeugten Irrtum basierende Vermögensverfügung durch das Landratsamt ..., Fachbereich Soziales, nicht vorlag. Zwar hat der Angeklagte über seine Personendaten getäuscht, weswegen der Leistungsträger einem Irrtum über seine wahre Identität unterlag. Indes war dieser Irrtum nicht ursächlich für die vorgenommene Vermögensverfügung - hier: die Zahlung von Asylleistungen über den Anklagezeitraum in 30 monatlichen Tranchen - , da ihm diese nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohnehin, also auch bei Kenntnis der wahren Umstände, gewährt worden wären. Die als Zeugin gehörte Sachbearbeiterin bestätigte dies und führte weiter aus, dass für die Beantwortung der Frage, ob einem Antragsteller Leistungen nach dem besagten Gesetz gewährt werden, ausschließlich entscheidend ist, ob er einen aktuell gültigen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik hat und im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Leistungsträgers lebt. Beides war beim Angeklagten der Fall, weswegen der von ihm hervorgerufene Irrtum der zuständigen Sachbearbeiterin des Landratsamtes gerade nicht zur Bewilligung der ausgezahlten Sozialleistungen führte und somit die für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von § 263 Abs. 1 StGB erforderliche Kausalitätskette unterbrochen war. [...]