OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.06.2020 - 19 A 1420/19.A - asyl.net: M28656
https://www.asyl.net/rsdb/M28656
Leitsatz:

Kein Verlust der äthiopischen Staatsbürgerschaft durch möglichen Erwerb der eritreischen Staatsbürgerschaft:

"1. Ausländisches Recht haben die deutschen Gerichte in seiner tatsächlichen Auslegung und Anwendung durch die ausländischen Gerichte und Behörden im Wege entsprechender Aufklärung des Sachverhalts zu ermitteln. Eine eigene Auslegung dieses Rechts unter Heranziehung der im deutschen Recht anerkannten Auslegungs­methoden ist ihnen versagt (wie st. Rspr. zuletzt BGH, Urteil vom 18. März 2020 IV ZR 62/19 , MDR 2020, 601, juris, Rn. 23 f.).

2. Äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung, die am 24. Mai 1993, dem Tag der Unabhängigkeit Eritreas, auf dem Gebiet des heutigen Äthiopien lebten, haben ihre äthiopische Staatsangehörigkeit nicht kraft Gesetzes nach Art. 11 Buchstabe a) äthStAG 1930 durch einen Erwerb der eritreischen Staatsangehörigkeit verloren (anders VG Münster, Urteil vom 22. Juli 2015, 9 K 3488/13.A , juris, Rn. 70).

3. Äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung haben ihre äthiopische Staatsangehörigkeit auch unter Geltung des Art. 20 Abs. 3 äthStAG und der Direktive vom 19. Januar 2004 regelmäßig behalten, es sei denn sie haben eine ihnen etwa zuerkannte eritreische Staatsangehörigkeit durch einen Daueraufenthalt in Eritrea oder in sonstiger Weise aktiv ausgeübt.

4. Personen, die zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen, kann kein internationaler Schutz zuerkannt werden, wenn sie den Schutz eines der Länder ihrer Staatsangehörigkeit in Anspruch nehmen können (wie st. Rspr. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 1 C 2.19 , juris, Rn. 13).

5. Äthiopischen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung drohen in Äthiopien mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit keine an eine tatsächliche oder vermeintliche eritreische oder halberitreische Abstammung anknüpfen­de Verfolgungsmaßnahmen (wie BayVGH, Beschluss vom 4. Juli 2019 8 ZB 19.32389, juris, Rn. 12)."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Eritrea, Äthiopien, Staatsangehörigkeit, Mehrstaatigkeit, doppelte Staatsangehörigkeit, ausländisches Recht, Auslegung, Staatsangehörigkeitsrecht, Flüchtlingsanerkennung, Asylverfahren,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3 GG, AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 2 Bst. a), VwGO § 173 S. 1, ZPO § 293,
Auszüge:

[...]

Im Übrigen ist die auf die Zuerkennungs- und Feststellungsbegehren der Kläger bezogene Klage zulässig, aber unbegründet. Denn die Kläger haben weder einen Anspruch auf die mit ihrem Hauptantrag verfolgte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 und 4 AsylG, A.) noch auf die mit ihrem ersten Hilfsantrag begehrte Zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes (§ 4 Abs. 1 AsylG, B.) noch auf die mit ihrem weiteren Hilfsantrag geltend gemachte Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG einschließlich der Feststellung eines Abschiebungsverbotes in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 6 AufenthG, C.). [...]

I. Als Herkunftsland der Kläger im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AsylG haben das Bundesamt und das Verwaltungsgericht zutreffend die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien bestimmt. Denn die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1. und 2. haben die äthiopische Staatsangehörigkeit durch ihre Geburt erworben (1.) und bis heute nicht verloren (2.). Unerheblich ist, ob sie neben der äthiopischen auch die eritreische Staatsangehörigkeit besitzen (3.). [...]

1. Durch ihre nach eigenen Angaben am ... 1989 in Asmara/Eritrea und am ... 1984 in .../Eritrea erfolgten Geburten haben die Kläger zu 1. und 2. die äthiopische Staatsangehörigkeit erworben. Dieser Erwerb richtete sich nach Art. 1 des äthiopischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (äthStAG 1930) vom 22. Juli 1930, das bis zum 22. Dezember 2003 in Kraft war (Art. 27 des äthiopischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (äthStAG) vom 23. Dezember 2003). [...]

2. Die Kläger zu 1. und 2. haben ihre durch Geburt erworbene äthiopische Staatsangehörigkeit auch bis heute nicht verloren. Ein solcher Staatsangehörigkeitsverlust richtet sich nach dem Staatsangehörigkeitsrecht und der Rechts- und Staatspraxis der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien (a). Nach diesem Maßstab haben die Kläger zu 1. und 2. ihre äthiopische Staatsangehörigkeit weder durch einen etwaigen Erwerb der eritreischen Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit der Entstehung des Staates Eritrea mit Wirkung vom 24. Mai 1993 (b) noch durch die von ihnen behaupteten Umzüge mit ihren jeweiligen Müttern aus der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba in den Sudan (c) verloren.

a) Maßstab für die Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt ein Staatsangehöriger eines ausländischen Staates seine Staatsangehörigkeit verliert, sind das Staatsangehörigkeitsrecht und die Rechts- und Staatspraxis seines Heimatstaates. [...]

Mit dieser ständigen höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere zum Staatsangehörigkeits-, Asyl-, Ausländer- und Personenstandsrecht unvereinbar ist die in der erstinstanzlichen Rechtsprechung, auch von der Vorinstanz im vorliegenden Verfahren vertretene Rechtsauffassung (juris, Rn. 34), die genannte Verpflichtung des Gerichts zur Berücksichtigung auch der ausländischen Rechtspraxis bei der Ermittlung des Inhalts ausländischer Rechtsnormen müsse unter der Voraussetzung stehen, dass diese Rechtspraxis "eine zumindest vertretbare Konkretisierung" oder Auslegung dieser Rechtsnormen vornehme. Eine Rechtspraxis hingegen, die "im eindeutigen Widerspruch zu den gültigen Rechtsnormen des jeweiligen Staates" stehe, sei für ein deutsches staatliches Gericht im Rahmen der Prüfung der Staatsangehörigkeit "gerade nicht verbindlich". Im Falle eines evidenten Widerspruchs der staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtspraxis zu den staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtsnormen in dem jeweiligen ausländischen Staat seien für das erkennende Gericht im Rahmen der Prüfung der Staatsangehörigkeit nur die Rechtsnormen maßgeblich [...].

Diese Rechtsauffassung widerspricht dem erwähnten Grundsatz der größtmöglichen Annäherung an das ausländische Recht. Dieser Grundsatz beruht im Ausgangspunkt auf der Erkenntnis, dass den deutschen Gerichten eine eigene Auslegung des ausländischen Rechts unter Heranziehung der im deutschen Recht anerkannten Auslegungsmethoden versagt ist. Vielmehr hat der deutsche Richter das ausländische Recht so anzuwenden, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Ein Tatsachengericht verfehlt diesen Maßstab, wenn es nicht den Inhalt des ausländischen Rechts in seiner tatsächlichen Auslegung und Anwendung durch entsprechende Aufklärung des Sachverhalts ermittelt, sondern stattdessen die maßgebliche Frage aufgrund einer eigenen Auslegung der ausländischen Rechtsnormen beantwortet (BGH, Urteil vom 18. März 2020, a.a.O., Rn. 23, Beschluss vom 17. Mai 2018, a.a.O., Rn. 12, 17 f.; OVG Schl.-Holst., a.a.O., Rn. 13).

Hiernach ist der deutsche Richter darauf angewiesen, den Inhalt der maßgeblichen ausländischen Rechtsnormen entsprechend einer Tatsachenermittlung mit Hilfe der im ausländischen Rechtssystem gebräuchlichen Auslegungsmethoden und unter Einbeziehung der ausländischen Rechtsprechung und sonstigen Rechtspraxis zu erfassen. Die zitierte erstinstanzliche Rechtsprechung praktiziert hingegen der Sache nach eine unzulässige eigene Auslegung ausländischen Rechts, wenn sie prüft, ob eine bestimmte ausländische Rechtspraxis im Widerspruch zu den gültigen Rechtsnormen des jeweiligen Staates steht, und diese Rechtsnormen wie deutsches Recht nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck auslegt (bis hin zu einer "verfassungskonformen Anwendung" am Maßstab der bis heute nicht in Kraft gesetzten "Verfassung" der "Einparteiendiktatur" Eritrea). [...]

b) Nach diesen Maßstäben haben die Kläger zu 1. und 2. ihre durch Geburt erworbene äthiopische Staatsangehörigkeit weder mit der Entstehung des Staates Eritrea mit Wirkung vom 24. Mai 1993 noch in der Zeit danach bis zum Beginn des äthiopisch-eritreischen Grenzkrieges im Mai 1998 verloren. [...]

Maßgeblich für die Frage eines solchen Staatsangehörigkeitsverlustes war der bis zum 23. Dezember 2003 geltende Verlustgrund in Art. 11 Buchstabe a) äthStAG 1930. Nach dieser Vorschrift verlor ein äthiopischer Staatsangehöriger seine Staatsangehörigkeit durch Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit. Die Bestimmung war Ausdruck des Prinzips der Vermeidung doppelter Staatsangehörigkeit im äthiopischen Staatsangehörigkeitsrecht (Schröder, Stellungnahmen vom 20. August 2019, a.a.O., S. 6 (Rn. 11), und vom 22. März 2011, S. 7 (Rn. 9)). [...]

Art. 11 Buchstabe a) äthStAG 1930 regelte nach damaligem äthiopischem Rechtsverständnis den Staatsangehörigkeitsverlust grundsätzlich nur bei gewillkürtem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit. Hingegen enthielten danach weder diese Bestimmung noch die sonstigen Vorschriften des äthStAG 1930 eine Regelung für den Fall, dass ein äthiopischer Staatsangehöriger kraft Gesetzes eine fremde Staatsangehörigkeit erwarb. Erst dann, wenn ein äthiopischer Staatsangehöriger eine erworbene fremde Staatsangehörigkeit aktiv ausübte, indem er in Äthiopien oder in anderen Staaten als nichtäthiopischer Staatsangehöriger auftrat, führte dies in der äthiopischen Anwendungspraxis zur Aberkennung der äthiopischen Staatsangehörigkeit. Dieses Rechtsverständnis und diese Anwendungspraxis bestanden jedenfalls seit dem 24. Mai 1991, dem Tag der militärischen Einnahme Asmaras und damit der Übernahme der Regierungsgewalt über das eritreische Territorium durch die im Befreiungskrieg siegreiche Eritreische Volksbefreiungsfront (EPLF) (Schröder, Stellungnahmen vom 20. August 2019, a. a. O., S. 6 (Rn. 11 f.), S. 8 (Rn. 29), und vom 22. März 2011, S. 6 (Rn. 3); AA, Auskunft vom 21. Juli 2003 an VG München, S. 2 ("Antragserwerb"); vgl. auch VG Arnsberg, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 12 K 1874/13.A -, juris, Rn. 51 ff.). [...]

Vormals äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung, die in Äthiopien lebten, sah die maßgebliche Anwendungspraxis der äthiopischen Regierung in Übereinstimmung mit diesen verfassungsrechtlichen Bestimmungen in der Zeit zwischen Mai 1993 und dem Ausbruch des äthiopisch-eritreischen Grenzkrieges im Mai 1998 grundsätzlich ohne Rücksicht darauf weiterhin als äthiopische Staatsangehörige an, ob sie aus der Sicht des neu entstandenen eritreischen Staates und/oder aus internationaler Sicht zugleich auch eritreische Staatsangehörige waren. [...]

Hiernach ließ ein etwaiger Erwerb der eritreischen Staatsangehörigkeit mit der Entstehung des Staates Eritrea mit Wirkung vom 24. Mai 1993 durch in Äthiopien lebende vormals äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung deren durch Geburt erworbene äthiopische Staatsangehörigkeit grundsätzlich unberührt [...]. [...]

aa) Vormals äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung, die vom 24. Mai 1993 bis zum 19. Januar 2004 permanent in Äthiopien lebten, haben danach in der Anwendungspraxis der äthiopischen Behörden auf der Grundlage von Art. 4.2 der Direktive ihre äthiopische Staatsangehörigkeit beibehalten, wenn sie im Registrierungsverfahren nach Art. 5.1 der Direktive glaubhaft vortragen und belegen konnten, dass sie die ihnen zuerkannte vorläufige oder endgültige eritreische Staatsangehörigkeit in der Zeit seit dem Erlass der "Eritrean Nationality Proclamation No. 21/1992" vom 6. April 1992 nicht aktiv ausgeübt hatten. [...]

dd) Äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung, die am 19. Januar 2004 bereits in Drittländer übergesiedelt waren (wie die Kläger zu 1. und 2., die nach ihren Angaben zu diesem Zeitpunkt bereits von Addis Abeba in den Sudan geflüchtet waren), haben in der Anwendungspraxis der äthiopischen Behörden ihre äthiopische Staatsangehörigkeit ebenfalls beibehalten, wenn sie zu keinem Zeitpunkt seit dem Erlass der "Eritrean Nationality Proclamation No. 21/1992" vom 6. April 1992 mit der Ausübung von Rechten aus der ihnen zuerkannten vorläufigen oder endgültigen eritreischen Staatsangehörigkeit begonnen haben. Auch auf diese Personen findet die Direktive aus den oben zu bb) genannten Gründen keine Anwendung und scheidet eine solche auch in der Praxis aus den oben zu cc) genannten Gründen aus (Schröder, Stellungnahme vom 20. August 2019, a.a.O., S. 26 (Rn. 107: "Those Eritreans coming from any country to Ethiopia either couldn't benefit from the directive …"); BFM, Focus Äthiopien/Eritrea vom 19. Februar 2010, S. 7, 12). [...]

ff) Am Maßstab der oben zu dd) getroffenen generalisierenden Tatsachenfeststellungen haben die Kläger zu 1. und 2. ihre durch Geburt erworbene äthiopische Staatsangehörigkeit weder durch ihre Ausreise in den Sudan in den Jahren 1998 und 2001 noch in den Jahren danach verloren. Insoweit folgt der Senat im Ergebnis der Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil betreffend diese beiden Kläger (juris, Rn. 69), sie hätten sich weder aktiv für den Erwerb der eritreischen Staatsangehörigkeit eingesetzt, noch hätten sie in der Folgezeit Rechte aus dieser Staatsangehörigkeit ausgeübt. Da sie das Gebiet des späteren unabhängigen Staates Eritrea nach ihren Angaben schon 1988 (Klägerin zu 2.) und 1992 (Kläger zu 1.), also vor der Unabhängigkeit am 24. Mai 1993 verlassen hatten, gab es bei ihnen insbesondere keinen vorangegangenen Aufenthalt im neu entstandenen unabhängigen Staat Eritrea, den die äthiopischen Behörden auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 3 Buchstabe a) äthStAG als eine zum Verlust ihrer äthiopischen Staatsangehörigkeit führende aktive Ausübung von Rechten aus der eritreischen Staatsangehörigkeit hätten werten können.

3. Besitzen die Kläger zu 1. und 2. hiernach die äthiopische Staatsangehörigkeit, ist für alle Streitgegenstände des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich, ob ihre Behauptung zutrifft, daneben auch die eritreische Staatsangehörigkeit zu besitzen.

Das gilt zunächst für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. Personen, die zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen, kann die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden, wenn sie den Schutz eines der Länder ihrer Staatsangehörigkeit in Anspruch nehmen können. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, der den einschlägigen Normen sowohl der RL 2011/95/EU als auch des AsylG zugrunde liegt (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2019, a.a.O., Rn. 13, und vom 14. Juni 2005 - 1 B 142.04 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 307, juris, Rn. 4; vgl. auch Urteil vom 2. August 2007 - 10 C 13.07 -, BVerwGE 129, 155, juris, Rn. 9 (zur RL 2004/83/EG); VG Arnsberg, Urteil vom 24. Oktober 2014, a.a.O., Rn. 38).

Dasselbe gilt auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (Sächs. OVG, a.a.O., Rn. 18).

Für das Begehren der Kläger zu 1. und 2. auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 und 3 AufenthG hinsichtlich des Staates Eritrea besteht aus den eingangs schon näher ausgeführten Gründen kein Rechtsschutzbedürfnis. [...]

1. Dem Kläger zu 1. droht in Äthiopien flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung weder wegen seiner eritreischen Abstammung (a) noch wegen seiner geltend gemachten exilpolitischen Betätigung (b) noch wegen einer etwaigen Wehrdienstleistung (c) noch wegen seiner Asylantragstellung in Deutschland (d) noch wegen einer Einreiseverweigerung (e).

a) Wegen seiner eritreischen Abstammung droht dem Kläger zu 1. in Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung. Unter diesem Gesichtspunkt macht er ohne Erfolg als Ausreisegrund geltend, Soldaten der Kebele hätten ihm mit Verhaftung gedroht, weil er Eritreer sei. Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass ihm wegen eines solchen, hier in das Jahr 2001 zu datierenden Vorfalls heute keine an seine eritreische Herkunft anknüpfende Verfolgung mehr droht (juris, Rn. 76 f.). Der Senat teilt die generalisierende Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts, dass äthiopischen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung jedenfalls seit dem Abschluss des Friedensabkommens zwischen Eritrea und Äthiopien im Anschluss an die "Gemeinsame Erklärung über Frieden und Freundschaft" vom 9. Juli 2018 (Joint Declaration of Peace and Friendship vom 9. Juli 2018, Wortlaut: www.shabait.com/news/local-news/26639-joint-declaration-of-peace-and-friendship-between-eritreaand- ethiopia (zuletzt abgerufen am 26. Juni 2020), vgl. dazu AA, Lagebericht Eritrea vom 27. Januar 2020, S. 8), keine an eine tatsächliche oder vermeintliche eritreische oder halberitreische Abstammung anknüpfenden Verfolgungsmaßnahmen mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 4. Juli 2019 - 8 ZB 19.32389 -, juris, Rn. 12). [...]