VG Leipzig

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Zitieren als:
VG Leipzig, Urteil vom 09.01.2020 - 4 K 2354/18.A - asyl.net: M28565
https://www.asyl.net/rsdb/M28565
Leitsatz:

Kein Schutzstatus für einen von Colectivos bedrohten Mann mit Bluthochdruck aus Venezuela:

1. Keine Flüchtlingsanerkennung, da der Betroffene allein wegen einer persönlichen Auseinandersetzung von Colectivos bedroht wurde und nicht davon auszugehen ist, dass ihm deswegen eine regierungsfeindliche Einstellung zugeschrieben wird.

2. Kein subsidiärer Schutz wegen Gefährdung durch Colectivos.

a. Die Colectivos beabsichtigten offenkundig nicht, dem Betroffenen ernsthaften Schaden zufügen, denn sie hätten schon vor seiner Ausreise ausreichend Gelegenheit dazu gehabt. Anscheinend wollten sie ihn lediglich einschüchtern.

b. Jedenfalls besteht eine interne Fluchtalternative, denn die Gefahr eines ernsthaften Schadens bestünde allenfalls innerhalb seines Bundesstaates. Als gut ausgebildeter, arbeitsfähiger junger Mann wird er in anderen Landesteilen das Existenzminimum sichern können.

3. Kein subsidiärer Schutz wegen Gefährdung durch die schlechte humanitäre Lage und prekären Lebensumstände in Venezuela, da die Anwendung von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG zielgerichtetes Verhalten von Akteuren erfordert (unter Bezug auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 1729/17 - asyl.net: M26218).

4. Kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil der Betroffene jung, gut ausgebildet und arbeitsfähig ist und daher sein Existenzminimum wird sichern können.

5. Kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG, denn ein Abbruch der medikamentösen Behandlung des Bluthochdrucks führt "nur mittelfristig", jedoch nicht kurzfristig zu lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Venezuela, Colectivos, medizinische Versorgung, materielles Asylrecht, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz, ernsthafter Schaden, Verfolgungsgrund, Verknüpfung, politische Verfolgung, interne Fluchtalternative, interner Schutz, humanitäre Bedingungen, Akteur, Hypertonie, Existenzminimum,
Normen: AsylG § 3 Abs. 1, AsylG § 3b, AsylG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, AsylG § 4 Abs. 3 S. 1, AsylG § 3e, AsylG § 3c, EMRK Art. 3, AufenthG § 60 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG. [...]

Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass er wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wurde oder dass ihm eine solche Verfolgung unmittelbar drohte (§§ 3, 3b AsylG). Die von ihm vorgebrachte Bedrohungslage beruht auf einer privaten Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und einem Mitglied der Colectivos. Der Kläger trug vor, weil ein Colectivo seine Freundin angefahren habe, habe er ihn zur Rede gestellt und es sei zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. in Folge dessen habe ihn der Colectivo mit dem Tode bedroht und anschließend verfolgt. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass dabei Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder die Zugehörigkeit des Klägers zu einer bestimmten sozialen Gruppe mitursächlich gewesen wären. Vielmehr scheint es sich ausschließlich um Rache aufgrund der körperlichen Auseinandersetzung zu handeln. Insbesondere ist auch nicht davon auszugehen, dass die Colectivos dem Kläger eine bestimmte politische Überzeugung zuschrieben. Der Kläger hat nicht angegeben, eine bestimmte politische Überzeugung zu besitzen. Nach § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Dass die Colectivos annahmen, der Kläger wende sich gegen sie, weil er die Regierung und damit auch die Colectivos ablehne, ist fernliegend. Der Kläger handelte ersichtlich einzig aus Wut über die Behandlung seiner Freundin. Für weitergehende Motive gibt es keine Anhaltspunkte. [...]

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG. [...]

aa) Ein ernsthafter Schaden i.S. einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG droht dem Kläger nicht beachtlich wahrscheinlich wegen der vorgebrachten Bedrohungslage.

Das Gericht ist schon nicht überzeugt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr ein ernsthafter Schaden droht. Der Kläger hat ausgeführt, infolge der Auseinandersetzung mit dem Colectivo sei dieser mit weiteren Personen an seiner Arbeitsstelle und seiner Wohnung aufgetaucht und habe sogar seine neue Siedlung, in die er gezogen sei, ausfindig gemacht. Sein Vortrag war insofern vor dem Bundesamt und vor der Einzelrichterin inhaltlich übereinstimmend sowie nachvollziehbar geschildert, in sich stimmig und durch viele Details gekennzeichnet. Diese Vorfälle wurden zwar - gut nachvollziehbar - vom Kläger als angsteinflößend und einschüchternd empfunden, erreichen jedoch nicht die Intensität eines ernsthaften Schadens im Sinne von § 4 AsylG. Bloße Bedrohungen und auch das mehrmalige Aufsuchen des Klägers liegen unterhalb der Schwelle der flüchtlingsrechtlich relevanten Intensität. Der Kläger hat dadurch keinen konkreten Schaden erlitten. Der Schadenseintritt stand auch nicht unmittelbar bevor. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Colectivo den Kläger bis zu dessen Ausreise noch nicht hatte ausfindig machen können, ihm aber einen ernsthaften Schaden zufügen würde, sollte ihm das gelingen. Dem Colectivo war sowohl die Arbeitsstelle als auch die Wohngegend des Klägers bekannt. Hätte er ihn ernsthaft gesucht, ist daher davon auszugehen, dass er ihn durch Beobachten der Gegend oder Befragen von Personen hätte auffinden können. Bis zum . also fast drei Monate nach der Auseinandersetzung, hat der Kläger noch gearbeitet und das Haus verlassen. Das hätte dem Colectivo genügend Möglichkeiten gegeben, den Kläger aufzugreifen. Dass dies nicht geschehen ist, zeigt, dass es Ziel des Colectivos war, den Kläger einzuschüchtern und zu bedrohen, nicht jedoch ihm tatsächlich einen Schaden zuzufügen. Daher ist auch nicht davon auszugehen, dass er dem Kläger bei einer Rückkehr nach drei Jahren einen ernsthaften Schaden zufügen würde.

Darüber hinaus besteht jedenfalls kein Anspruch nach § 4 AsylG, denn der Kläger hätte sich einer befürchteten Gefahr eines ernsthaften Schadens durch die Inanspruchnahme einer inländischen Fluchtalternative entziehen können und wird dies auch im Falle seiner Rückkehr können (§ 4 Abs. 3 Satz 1, § 3e AsylG). [...]

Gemessen daran besteht eine solche Möglichkeit internen Schutzes für den Kläger sofern er seine Heimatstadt verlässt. Es ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass der Kläger sich der von ihm behaupteten Gefahr eines ernsthaften Schadens durch den Umzug in eine andere Stadt erfolgreich entziehen kann. Denkbar ist beispielsweise ein Umzug in eine Großstadt wie Maraciabo, die mehr als zwei Millionen Einwohner zählt, Valencia mit ca. eineinhalb Millionen Einwohnern oder Barquisimeto mit ca. einer Million Einwohnern. Es sind keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, weshalb der Colectivo ihn gezielt verfolgen und darüber hinaus mit dem erforderlichen großen Aufwand in anderen Städten oder Gebieten Venezuelas nach ihm suchen würde. Zur Überzeugung des Gerichts steht nicht fest, dass der Kläger in dem Maße exponiert ist, dass ihm landesweit die Gefahr eines ernsthaften Schadens droht. Eine als wahr unterstellte auch gegen den Kläger gezielte Gefahr eines ernsthaften Schadens ist jedenfalls auf ... und den naheliegenden Ort ..., allenfalls noch auf den Bundesstaat ... beschränkt. Für die Annahme der Gefahr einer landesweiten Gefahr eines ernsthaften Schadens spricht nicht, dass der Kläger befürchtet, die Colectivos könnten ihn überall finden, da sie für die Regierung arbeiten würden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Colectivo wegen einer einzigen körperlichen Auseinandersetzung den Kläger mit dem dazu erforderlichen Aufwand landesweit suchen und verfolgen würde. Darüber hinaus zeigt schon die Tatsache, dass die Colectivos die genaue Adresse des Klägers nicht kannten, sondern eine Nachbarin befragten, dass sie nicht über die entsprechenden Möglichkeiten verfügen.

Von dem somit nicht landesweit der Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzten Kläger kann vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in einem anderen Bundesstaat niederlässt. Er ist jung und arbeitsfähig. Er hat das Abitur erworben, ist gelernter ... und hat in diesem Beruf gearbeitet. Der Kläger beschrieb in der Anhörung beim Bundesamt seine wirtschaftlichen Verhältnisse im Heimatland als "gut". Das spricht für eine gesicherte wirtschaftliche Position. Im Falle einer Rückkehr ist davon auszugehen, dass er auch in anderen Bundesstaaten sein Existenzminimum wird sichern können. Aufgrund seiner vorhandenen Sprach- und Kulturkenntnisse und seiner Ausbildung geht das Gericht davon aus, dass er sich auch in einem für ihn fremden Landesteil zurechtfinden und seinen Lebensunterhalt wird sichern können. Ferner spricht nichts dagegen, dass er auf die finanzielle Unterstützung seiner Familie wird zurückgreifen können. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Familienangehörigen den Kläger im Alltag in einem entfernteren Bundesstaat nicht praktisch unterstützen werden können, ist aufgrund der vom Kläger beschriebenen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern zumindest von einer finanziellen Unterstützung auszugehen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger in einen anderen Bundesstaat nicht sicher wird reisen können.

bb) Die Gewährung subsidiären Schutzes auf Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG kommt ferner auch nicht unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der schlechten humanitären Situation in Venezuela in Betracht. Denn es fehlt insoweit bereits an einem gezielt handelnden tauglichen Akteur, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG. Es ist erforderlich, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgeht, also vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise der tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens zu bieten. Die Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG erfordert eine gewisse Zielgerichtetheit des Verhaltens des Akteurs (VGH BW, Urt. v. 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 - juris, Rn. 68 m.w.N.). Eine unmenschliche oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Asyl umfasst die absichtliche, d. h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden, so dass reine Kausalitätserwägungen hier nicht anspruchsbegründend wirken können. Die humanitäre Lage und die prekären Lebensumstände sind keinem der genannten Akteure nach § 3c AsylG hinreichend im Sinn eines erforderlichen zielgerichteten Handelns konkret zuzurechnen. Nach den, dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht feststellbar, dass die hier als tauglicher Akteur in Frage kommende venezolanische Regierung die schlechte humanitäre Situation (Nahrung, Gesundheitsversorgung) im o.g. Sinn zielgerichtet herbeigeführt hat. Dagegen spricht schon das staatlich initiierte Lebensmittelverteilungsprogramm. Die desaströse humanitäre Lage ist zuvorderst Folge einer seit einigen Jahren andauernden katastrophalen wirtschaftlichen Entwicklung Venezuelas, auch wenn diese durch das Verhalten der venezolanischen Regierung mit bedingt worden sein mag.

c) Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. [...]

Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG liegt auch mit Blick auf die im Zusammenhang mit Demonstrationen und Protesten stehenden gewalttätigen Ausschreitungen nicht vor. Es fehlt hier an der notwendigen Beid- oder Mehrseitigkeit einer Bewaffnung im o.g. Sinn. Gleiches gilt für die Kriminalität und die schlechte Sicherheitslage in Venezuela. Vielmehr zeichnet sich diese Kriminalität meist gerade dadurch aus, dass einseitig gewalttätig gegen eine wehrlose zweite Partei vorgegangen wird. Aus den Erkenntnismitteln ergibt sich zudem nicht, dass die aktuellen gewalttätigen Auseinandersetzungen in Venezuela das Maß eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erreichen.

3. Es liegt kein Abschiebungsverbot vor. [...]

Gemessen an diesen Maßstäben ergibt sich unter Berücksichtigung der landesweiten Lebensverhältnisse in Venezuela sowie der persönlichen Situation des Klägers, dass diese Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK im Fall des Klägers nicht erfüllt sind. Zwar kann es im Einzelfall problematisch sein, das Existenzminimum zu sichern, jedoch liegen im Allgemeinen keine existenziellen Gefahren vor, die nach ihrer Intensität und Schwere einer entsprechenden Rechtsgutverletzung gleich kämen. Eine schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründet kein Abschiebungsverbot, sondern muss von dem Kläger wie auch von den anderen Einwohnern Venezuelas bewältigt werden. Das Gericht verkennt nicht, dass Venezuela an einer dramatischen wirtschaftlichen und humanitären Krise leidet. Geprägt wird das Leben der Menschen in Venezuela und im Abschiebezielort von einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und Versorgungslage, außerdem von prekären humanitären Gegebenheiten, sowie von einer hohen Kriminalitätsrate und einer damit einhergehenden schlechten Sicherheitslage. Es kann im Einzelfall problematisch sein, das Existenzminimum zu sichern. [...]

Ausgehend hiervon gelangt das Gericht nicht zu der Überzeugung, dass im Falle des Klägers nach den dargelegten Maßstäben ein ganz außergewöhnlicher Fall vorliegt, in dem humanitäre Gründe seiner Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK zwingend entgegenstehen. Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel geht es im maßgeblichen Zeitpunkt davon aus, dass jedenfalls im Falle leistungsfähiger, erwachsener Männer in Venezuela die hohen Anforderungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK nicht erfüllt sind, sofern nicht besondere, individuell erschwerende Umstände festgestellt werden können. Jedenfalls ist unter Berücksichtigung individueller Besonderheiten des Klägers davon auszugehen, dass der Kläger das wirtschaftliche Existenzminimum wird erlangen können. Der Kläger ist jung, gut ausgebildet und entsprechend arbeitsfähig. Der Kläger beschrieb in der Anhörung vor der Einzelrichterin, dass er bis zu seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt durch Arbeit habe sichern können. Auch im Falle einer Rückkehr ist davon auszugehen, dass er in der Lage sein wird, sich existenzsichernde Lebensumstände zu schaffen. Aufgrund seiner vorhandenen Sprach- und Kulturkenntnisse und guten Ausbildung geht das Gericht davon aus, dass er seinen Lebensunterhalt wird sichern können. Zudem spricht nichts dagegen, dass er auf die Unterstützung seiner Familie wird zurückgreifen können. Der Kläger leidet zwar an Bluthochdruck (arterieller Hypertonie), ist dadurch jedoch nicht in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt.

b) Es besteht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. [...]

Der Kläger hat ausweislich der fachärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin ... vom ... 2018 Bluthochdruck. Ausweislich der fachärztlichen Bescheinigung ist die Einnahme blutdrucksenkender Medikamente erforderlich, um Folgeschäden wie Nierenschädigung, Sehverschlechterung und Herzschwäche zu vermeiden. Die Folgen seien nicht unmittelbar sondern schleichend. Da der Bluthochdruck keine Beschwerden mache, sei nicht abzusehen, wie sich die Kreislaufreaktion des Patienten in den nächsten Jahren verändern würde und wie sich Folgeerkrankungen ausprägen werden. Es sei eher selten, dass die Erkrankung ohne Therapie folgenlos bleibe, eine unmittelbare Gesundheitseinschränkung über die nächsten zwei Jahre bestehe jedoch nicht. Aufgrund individueller Besonderheiten sei die Prognose eher ungünstig. Die ärztliche Bescheinigung von ... vom ... 2020 bestätigt die Erkrankung an Bluthochdruck sowie dass ohne regelmäßige Medikamenteneinnahme und ärztliche Überwachung Folgeerkrankungen möglich seien. Ohne kontinuierliche Behandlung drohten neben den Folgeschäden auch Akutereignisse wie Hirnblutungen mit Lähmungen oder auch Todesfolge. Dies habe es in der Verwandtschaft des Klägers in mindestens einem Fall gegeben. Die Ärztin machte keine Angaben wie wahrscheinlich der Eintritt einer Folgeerkrankung bzw. Akutereignisses ist und in welchem Zeitraum dies zu erwarten sei. Da es insofern keine Anhaltspunkte gibt, die Bescheinigung des Facharztes ... in Frage zu stellen, ist von dessen Einschätzung auszugehen, dass die Folgen schleichend seien und eine unmittelbare Gesundheitseinschränkung über die nächsten zwei Jahre nicht bestehe. Die Einzelrichterin ist nicht überzeugt, dass sich der Bluthochdruck des Klägers durch eine Abschiebung nach Venezuela aufgrund der unzureichenden medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten dort alsbald in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt. Es ist nicht ersichtlich, dass beim Kläger bereits bluthochdruckbedingte Organschäden festgestellt wurden. Die Erkrankung könnte "nur" mittelfristig zu Folgeerkrankungen führen. Eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben wird nicht prognostiziert. [...]