Anspruch auf Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung bei Aussetzung der Abschiebungsandrohung:
1. Die in § 64 Abs. 1 AsylG normierte Ausweispflicht wird nur durch die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nach § 63 Abs. 1 AsylG ermöglicht. Diese kann nicht durch eine Duldungsbescheinigung ersetzt werden.
2. Vorliegend ist die Ausstellung einer Duldung rechtswidrig, da die betroffene Person nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist, da das BAMF die Vollziehung der Abschiebungsandrohung ausgesetzt hat.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Gleichwohl liegen die in diesem Fall an einen Anordnungsgrund zu stellenden hohen Anforderungen vor. Grundsätzlich ergibt sich ein Anordnungsgrund für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 63 Absatz 1 AsylG daraus, dass einem Ausländer die Erfüllung der in § 64 Absatz 1 AsylG normierten Ausweispflicht nur durch die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestaltung ermöglicht wird (vgl. Neundorf, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 63 Rn. 14; Funke-Kaiser, GK-AsylG, § 63 AsylG, Rn. 38 m.w.N.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 63 Rn. 12; a.A.: VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Oktober 2019 -17 L 633/19.A -).
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ergibt sich etwas anderes nicht aus dem Umstand, dass dem Antragsteller im vorliegenden Fall eine Duldungsbescheinigung ausgestellt worden ist. Ungeachtet der Frage, ob der Antragsteller mit der Duldungsbescheinigung seine Ausweispflicht erfüllen kann (vgl. zu den Voraussetzungen § 48 Absatz 2 AufenthG), ist es ihm jedenfalls nicht zumutbar, bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens auf die Ausstellung einer Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung zuzuwarten. Denn die Duldung ist ein in der Verwaltungsvollstreckung ergehender Verwaltungsakt, dessen Regelungsgehalt sich darin erschöpft, dass die Vollstreckung der Abschiebung vorübergehend ausgesetzt wird. Gemäß § 60a Absatz 3 AufenthG bleibt die Ausreisepflicht aber unberührt (vgl. Kluth/Breidenbach, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 60a AufenthG, Rn. 6 und 45).
Der Antragsteller ist, wie noch weiter auszuführen sein wird, gerade (noch) nicht vollziehbar ausreisepflichtig.
Darüber hinaus liegt auch ein Anordnungsanspruch vor. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Ausstellung der begehrten Bescheinigung nach § 63 Absatz 1 Satz 1 AsylG. Danach wird dem Ausländer nach der Asylantragstellung innerhalb von drei Arbeitstagen eine mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt, wenn er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Da die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung das gesetzliche Aufenthaltsrecht nach § 55 Absatz 1 AsylG nur deklaratorisch bescheinigt (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 17 L 633/19.A -, S. 3 m.w.N.; Neundorf, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 55 AsylG Rn. 10), besteht ein Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung, wenn die Voraussetzungen der § 55. Absatz 1 Satz 1 AsylG erfüllt sind, ohne dass die Aufenthaltsgestattung nach § 67 Absatz 1 Satz 1 AsylG erloschen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Gemäß § 55 Absatz 1 Satz 1 AsylG ist dem Ausländer, der - wie der Antragsteller - um Asyl nachsucht, der Aufenthalt im Bundesgebiet zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Die Aufenthaltsgestattung ist vorliegend auch nicht nach § 67 Absatz 1 Satz 1 AsylG erloschen. Insbesondere liegt kein Fall des § 67 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG vor. Danach erlischt die Aufenthaltsgestattung, wenn eine nach diesem Gesetz oder nach § 60 Absatz 9 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist. [...]