VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2017 - 12 L 1478/17.A - asyl.net: M27864
https://www.asyl.net/rsdb/M27864
Leitsatz:

Keine Diskriminierung von homosexuellen Asylsuchenden in Polen:

Homosexuelle Asylsuchende werden in Polen nicht in so gravierender Weise diskriminiert, dass die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß der Dublin III-Verordnung angezeigt wäre.

(Leitsätze der Redaktion; diese und weitere Entscheidungen zu LSBTI-Personen sind auch zu finden in der Rechtsprechungssammlung des LSVD)

Schlagwörter: Dublin III-Verordnung, Selbsteintritt, homosexuell, LSBTI, Polen, Dublinverfahren, sexuelle Orientierung,
Normen: VO 604/2013 Art. 17,
Auszüge:

[...]

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO liegen nicht vor. [...]

Die Interessenabwägung fällt hier zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Polen auf der Grundlage von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides begegnet bei Anlegung dieses Maßstabs keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. [...]

Polen ist nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-Verordnung vorliegend zuständig. [...]

Es liegen keine Voraussetzungen vor, unter denen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Durchbrechung des den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zugrunde liegenden Systems des gegenseitigen Vertrauens gerechtfertigt wäre. Dies setzte voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Polen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelmäßig so defizitär wären, dass anzunehmen ist, dass dem Antragsteller im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohte (systemische Mängel) (vgl. EuGH, Urteile vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 (Abdullahi) –, juris, Rn. 60, vom 14. November 2013 – C-4/11 (Puid) –, juris, Rn. 33 ff., und vom 21. Dezember 2011 - C 411/10 (N.S. u.a.) -, juris, Rn. 96; BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris, Rn. 9).

Es ist weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Aufnahmebedingungen oder das Asylsystem in Polen für einen Asylsuchenden in der Situation des Antragstellers systemische Mängel aufweisen würden (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – 11 B 15.50130 –, juris, Rn. 23ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Februar 2017 – 12 L 78/17.A –; VG München, Beschluss vom 25. November 2016 - M 7 S 16.50394 –, juris, Rn. 17 m.w.N.).

Weitere Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Beklagten, insbesondere aus Art. 17 Dublin III-Verordnung, sind nicht substantiiert vorgetragen oder sonst ersichtlich. Solche wären dann gegeben, wenn – unabhängig von systemischen Mängeln - die Überstellung in den für die Prüfung seines Asylantrages zuständigen Mitgliedstaates für den Antragsteller mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta verbunden wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017, C-578/16, juris, Rn. 73).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, er dürfte wegen seiner Homosexualität nicht nach Polen überstellt werden, ist bereits nicht substantiiert vortragen, inwiefern dem Antragsteller dort wegen seiner sexuellen Orientierung die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta droht. Der Antragsteller beruft sich lediglich darauf, dass die polnische Bevölkerung zum überwiegenden Teil erzkonservativ katholisch sei und behauptet, Homosexuelle würden in Polen nicht nur unter Druck gesetzt, sondern auch tätlich angegriffen, ohne dies weiter zu belegen. Derartige Umstände sind indes nicht ersichtlich. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach homosexuelle Asylantragsteller in Polen in besonderer Weise diskriminiert würden (so auch: VG Stade, Beschluss vom 20. Oktober 2015 – 3 B 1709/15 –, juris, Rn. 29 m.w.N.; VG Ansbach, Beschluss vom 19. Juni 2015 – AN 14 S 15.50134 –, juris, Rn. 28, m.w.N.). [...]

Es liegen auch weder zielstaatsbezogene noch inlandsbezogene Abschiebungsverbote vor. [...]

Selbst wenn der Antragsteller unter Epilepsie litte, stünde dies einer Überstellung nach Polen nicht entgegen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt. Bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Versorgung notwendig machen, wird auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet (vgl. VG Potsdam, Beschluss vom 19. Oktober 2016 – 6 L 977/16.A –, juris, Rn. 7 m.w.N.). [...]