LG Hannover

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Zitieren als:
LG Hannover, Beschluss vom 25.07.2019 - 8 T 25/19 - asyl.net: M27447
https://www.asyl.net/rsdb/M27447
Leitsatz:

Keine Fluchtgefahr bei freiwilliger Ausreise und anschließender Wiedereinreise:

Reist eine Person nach einem abgelehnten Asylantrag freiwillig aus und anschließend entgegen der Einreisesperre wieder in das Bundesgebiet ein, so kann hieraus nicht auf eine Entziehungsabsicht geschlossen werden.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Abschiebung, Wiedereinreise, Fluchtgefahr, Einreisesperre, unerlaubte Einreise, unerlaubter Aufenthalt, Entziehungsabsicht,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 2, AufenthG § 2 Abs. 14 Nr. 6, AufenthG § 62 Abs. 3 Nr. 5,
Auszüge:

[...]

Entgegen der Annahme des Amtsgerichts lag der Haftgrund der Fluchtgefahr gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Ziff. 5 AufenthG nicht vor. Dass der Betroffene konkrete Vorbereitungshandlungen von vergleichbarem Gewicht i.S.d. § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG vorgenommen hat, die nicht durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs überwunden werden können, sieht die Kammer nicht. Die vom Amtsgericht zur Begründung der Fluchtgefahr ins Feld geführten Umstände, namentlich das Fehlen eines festen Wohnsitzes und schutzwürdiger Bindungen im Bundesgebiet sowie die illegale Einreise entgegen seiner Einreisesperre und fortgesetzter unerlaubter Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigen nicht die Annahme, der Betroffene werde sich bei einer Entlassung nicht für eine Abschiebung bereithalten. Denn er ist in der Vergangenheit nach Ablehnung seines Asylgesuchs zunächst freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und hat nach der Wiedereinreise ebenso freiwillig bei der Bundespolizei vorgesprochen. Auch unter Berücksichtigung seiner Äußerung, er wolle einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland, welches er als lebenswertes Land betrachte, lässt sich angesichts seines vorgenannten Verhaltens nicht darauf schließen, dass der Betroffene im Bundesgebiet untertauchen und sich der Abschiebung durch Flucht entziehen werde. Dass er insofern nicht glaubhaft gemacht hat, sich der Abschiebung nicht zu entziehen, war entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bei der Beurteilung einer Fluchtgefahr nicht zu berücksichtigen. Die Frage nach der Glaubhaftmachung einer fehlenden Entziehungsabsicht stellt sich gem. § 62 Abs. 3 S. 2 allein bei Zugrundelegung des Haftgrundes des § 62 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG. Letzterer lag hier tatsächlich zwar vor, jedoch hat die erste Instanz die Anordnung der Haft nicht auf den Umstand gestützt, dass der Betroffene auf Grund seiner unerlaubten (Wieder-)Einreise vollziehbar ausreisepflichtig war, sondern einzig auf die Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG abgestellt. Eine Ersetzung des Haftgrundes in der Beschwerdeinstanz war nicht mehr möglich, da diesbezüglich kein rechtliches Gehör gewährt wurde und angesichts der bereits vollzogenen Abschiebung auch nicht mehr nachgeholt werden konnte (vgl. BGH, Beschl. v. 07.07.2016, V ZB 21/16, zitiert nach juris, Rn. 6). [...]