VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 25.01.2019 - 19 K 242.17 A - asyl.net: M27223
https://www.asyl.net/rsdb/M27223
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung wegen regimekritischer Facebook-Posts:

Die nach der Ausreise aus Syrien wiederholte Veröffentlichung von Facebook-Posts, aus denen eine deutliche regimekritische Haltung hervorgeht, stellen Nachfluchttatbestände im Sinne des § 28 AsylG dar.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Syrien, Upgrade-Klage, Facebook, Aufstockungsklage, politische Verfolgung, Flüchtlingseigenschaft, Verfolgungsgrund, Rückkehrgefährdung, Nachfluchtgründe,
Normen: AsylG § 28 Abs. 1a, AsylG § 3 Abs. 1, AsylG § 3 Abs. 4,
Auszüge:

[...]

b. Indes sind im Fall des Klägers Umstände des Einzelfalls gegeben, die eine Nachverfolgung als beachtlich wahrscheinlich erscheinen lassen. Die beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit ergibt sich vorliegend im Hinblick auf die regimekritische Haltung des Klägers, die dieser zuletzt vor allem auch über seine "Facebook"-Seite im Internet nach außen kundgetan hat. [...]

Kann nach alledem kein ernstlicher Zweifell daran bestehen, dass der Kläger eine regimekritische Haltung in den letzten Jahren immer wieder und in hinreichend deutlicher, entschiedener Weise nach außen bekundet hat, so hat das Gericht zudem auch keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass eine solche regimekritische Haltung bei dem Kläger auch tatsächlich vorhanden ist. Für die Echtheit der Überzeugung spricht bereits die Vielzahl der Posts, die überdies - wie bereits ausgeführt - bis in das Jahr 2013 zurückreichen, also in eine Zeit, in der sich der Kläger noch in den Vereinigten Arabischen Emiraten befand und noch nicht in Deutschland. [...]

Ohne dass es gemäß § 28 Abs. 1a AsylG hierauf zwingend ankommt (s.o.), geht das Gericht weiter davon aus, dass die regierungskritischen Aktivitäten des Klägers bei "Facebook" auch Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung des Klägers sind. [...]

Schließlich muss der Kläger zur Überzeugung des Gerichts auch die begründete Besorgnis haben, dass er aufgrund seiner regierungskritischen Haltung bereits in das Visier des syrischen Staates gelangt ist. Das ergibt sich bereits aus dem Vorbringen des Klägers im laufenden Klageverfahren, er sei nach seiner Ausreise aus Syrien von zwei Freunden nach deren Inhaftierung als Regierungsgegner benannt worden. [...]