VG Hamburg

Merkliste
Zitieren als:
VG Hamburg, Beschluss vom 09.08.2018 - 7 A 9473/17 - asyl.net: M26840
https://www.asyl.net/rsdb/M26840
Leitsatz:

Keine Wertung eines verzögerten Dublin-Aufhebungsbescheids als sofortiges Anerkenntnis:

Liegen zwischen dem Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO und dem Erlass eines hierauf reagierenden Aufhebungsbescheids mehr als zwei Monate, kann nicht von einem sofortigen Anerkenntnis der Beklagten i.S.v. § 156 VwGO ausgegangen werden. Die dafür anzunehmende Zeitspanne dürfte einen Monat nicht überschreiten. Dies orientiert sich an § 81 AsylG, wonach eine Klage als zurückgenommen gilt, wenn sie länger als einen Monat nicht betrieben wird.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Zuständigkeitsübergang, Aufhebung, sofortiges Anerkenntnis, Aufhebungsbescheid, Überstellungfrist, Kostenrecht,
Normen: VO 604/2013 Art. 29 Abs. 2 S. 2, AsylG § 81, VwGO § 156, VO 604/2013 Art. 29 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

5 Eine andere Kostenentscheidung ist auch nicht in Anwendung des Rechtsgedankens des § 156 VwGO geboten, wonach bei einem sofortigen Anerkenntnis des Beklagten der Kläger die Kostenlast trägt. Der Erlass des Aufhebungsbescheids am 18.7.2018 kann angesichts des Umstandes, dass dieser erst mehr als zwei Monate nach Ablauf der Überstellungsfrist am .5.2018 erging, nicht, auch nicht sinngemäß, als sofortiges Anerkenntnis der Beklagten gewertet werden. Es ist von der Beklagten, auch unter Beachtung des praktisch Möglichen, zu erwarten, nach Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin-III-VO deutlich zeitnäher als innerhalb von drei Monaten auf die hieraus resultierende Rechtslage zu reagieren und dies auch dem Gericht mitzuteilen. Für eine eigenständige Prüfung einer Abhilfeentscheidung wegen Ablauf der Überstellungsfrist dürfte es allein einer – routinemäßig in die Aktenbearbeitung integrierbaren – anfänglichen Berechnung der Überstellungsfrist (anlässlich der Bearbeitung des Bescheides, gegebenenfalls anlässlich des Eingangs einer gerichtlichen Eilentscheidung) in Verbindung mit einer entsprechenden Wiedervorlage bedürfen. Vor einer Abhilfeentscheidung käme es sodann zunächst allein auf eine Formalkontrolle an, ob vor Fristablauf die Überstellungsfrist gegenüber dem Mitgliedsstaat durch eine entsprechende Anzeige verlängert worden ist. Selbst etwaig verbleibende Zweifelsfragen dürften in diesem organisatorischen Rahmen regelhaft binnen eines Monats, d.h. einer Zeitspanne, die dem entspricht, was der Gegenseite eingeräumt würde (vgl. § 81 AsylG), geklärt werden können. An der letztgenannten Zeitspanne ist vor dem dargestellten Hintergrund nunmehr auch die Beantwortung der Frage zu orientieren, innerhalb welcher Frist es von der Beklagten im Sinne eines sofortigen Anerkenntnisses erwartet werden kann, auf eine maßgebliche Änderung der Sachlage – hier den Entfall der Rechtmäßigkeit des ablehnenden Dublin-Bescheids durch Ablauf der Überstellungsfrist – selbständig der Klage abhelfend zu reagieren und dies in den Prozess einzuführen. [...]