Antragsart und Antragsgegner im Eilverfahren bei Ablehnung eines Asylfolgeantrags:
1. Lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag als Asylfolgeantrag wegen Unzulässigkeit ab und erlässt aufgrund der im Asylerstverfahren ergangenen vollziehbaren Abschiebungsandrohung keine erneute Abschiebungsandrohung, so richtet sich der Eilrechtschutz nach § 123 VwGO.
2. Richtiger Antragsgegner ist grundsätzlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, es sei denn wegen besonderer Dringlichkeit ist effektiver Rechtsschutz nur durch einen Antrag (auch) gegen die die Vollstreckung durchführende Behörde zu gewährleisten.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Lehnt < wie hier < die Antragsgegnerin einen Asylantrag als Folgeantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71 AsylG als unzulässig ab und erlässt angesichts der im Asylerstverfahren ergangenen vollziehbaren Abschiebungsandrohung nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung, ist die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO die statthafte Antragsart, um vorläufig eine Abschiebung zu verhindern (wie hier: VG des Saarlandes, Beschl. v. 20.08.2018 < 6 L 1012/18 <, juris, VG Berlin, Beschl. v. 21.11.2017, 32 L 670.17 A, juris; VG Augsburg, Beschl. v. 14.03.2017, Au 5 E 17.31264, juris; VG Bayreuth, Beschl. v. 11.07.2017, B 6 E 17.32344, juris; VG Arnsberg, Beschl. v. 18.05.2018, 7 L 737/18.A; VG Regensburg, Beschl. vom 19.06.2018, RO 2 E 18.31617, VG München, Beschl. v. 14.12.2017 < M 6 E 17.49487, juris; Funke<Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Asylgesetz, Rn. 387 ff. zu § 71 AsylG; Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG Rn. 49; Marx, Aufenthalts<, Asyl< und Flüchtlingsrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 177, 181; Dickten in: BeckOK Ausländerrecht, Stand 01.05.2018, § 71 AsylVfG, Rn. 37; a. A. VG München, Beschl. v. 23.03.2017, M 2 S 17.34212 und v. 22.06.2017, M 12 S 17.43925, juris; VG Dresden, Beschl. vom 11.09.2017, 13 L 1004/17.A, juris; VG Würzburg, Beschl. v. 10.10.2017, W 8 E 17.33482 und vom 08.05.2018, W 1 S 18.30820, juris; VG Münster, Beschl. vom 24.11.2017, 3 L 1944/17.A; VG Bremen, Beschl. vom 30.01.2018, 1 V 3723/17, juris; VG Magdeburg, Beschl. vom 12.03.2018, 3 B 68/18, juris, die sämtlich den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für statthaft halten).
Dem steht die Regelung des § 123 Abs. 5 VwGO nicht entgegen, wonach die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 des § 123 VwGO nicht für die Fälle der §§ 80, 80a VwGO gelten. In der vorliegenden Konstellation ist der Antrag nach § 123 VwGO nicht subsidiär.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wäre hier unstatthaft. Denn er setzt voraus, dass die Vollziehung eines belastenden Verwaltungsaktes unterbunden werden soll. Vorliegend ist zwar mit dem angefochtenen Bescheid, in dem die Antragsgegnerin den neuerlichen Asylantrag der Antragsteller als unzulässig abgelehnt hat, ein sie, die Antragsteller, belastender Verwaltungsakt erlassen worden. Gegen diesen Verwaltungsakt ist < darauf weist die Gegenmeinung zu Recht hin < nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14.12.2016 < 1 C 4 /16 <, juris) die Anfechtungsklage die statthafte Klageart.
Den Antragstellern droht allerdings nicht die Vollziehung des ihren Antrag vom 24. August 2017 ablehnenden Verwaltungsaktes; dies schon deshalb nicht, weil die Ablehnung eines Antrages keinen vollziehbaren Inhalt hat. Grundlage der ihnen drohenden Abschiebung ist vielmehr die im Asylerstverfahren erlassene und bereits vollziehbare Abschiebungsandrohung. Soweit < wie hier < gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG die Abschiebung auf der Grundlage dieser alten Abschiebungsandrohung bei einem unzulässigen Folgeantrag erst nach der Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, vollzogen werden darf, wird es dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller, eine Abschiebung auf dieser Grundlage zu verhindern, allein gerecht, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht ergriffen werden dürfen.
Die Antragsteller richten ihr Begehren zu Recht gegen die Antragsgegnerin und nicht gegen die Ausländerbehörde. Die Frage des richtigen Antragsgegners im einstweiligen Anordnungsverfahren ist in § 123 VwGO nicht geregelt. Die passive Verfahrensbefugnis ist daher entsprechend § 78 zu ermitteln. Es gilt grundsätzlich das Rechtsträgerprinzip (Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Stand Mai 2018, § 123 Rn. 108, beck<online). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz mag dann gelten, wenn aus Gründen der Eilbedürftigkeit und der Effektivität des Rechtsschutzes nur auf diesem Wege rechtzeitiger Rechtsschutz zu erlangen ist (Göbel<Zimmermann in: Göbel< Zimmermann/Eichhorn/Beichel<Benedetti, Asyl< und Flüchtlingsrecht, 1. Auflage, Rn. 613, beck<online, a. A. Bergmann a.a.O., Rn 48: Antrag grundsätzlich gegen die Ausländerbehörde zu richten).
Ungeachtet sämtlicher Dissense in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der formellen Voraussetzungen des Rechtsschutzes gegen Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung bei Folgeantragstellern dürfen der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs jedenfalls keine unangemessen hohen verfahrensrechtlichen Hindernisse in den Weg gelegt werden (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss v. 08.11.2017 < 2 BvR 809/17, juris). Das Bundesverfassungsgericht weist a.a.O. weiter darauf hin, dass es grundsätzlich von Verfassungs wegen unerheblich ist, auf welchem Wege Eilrechtsschutz gewährt wird. Die konkrete Rechtsanwendung ist < so das Bundesverfassungsgericht a.a.O. weiter < aber verfassungsrechtlich dann nicht mehr hinnehmbar, wenn sie dazu führt, dass der Betroffene ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen grundsätzlich keine gerichtliche Sachprüfung vor Vollzug der Abschiebung mehr erreichen kann. [...]
Zwar könnte aufgrund der Anerkennung in Bulgarien grundsätzlich eine Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gegen die Antragsteller in Betracht kommen. Dem dürften aber nach der Rechtsprechung des Senats systemische Mängel im bulgarischen Asylverfahren hinsichtlich anerkannter Flüchtlinge entgegenstehen.
Der Senat hat mit Urteil vom 4. November 2016 (< 3 A 1292/16.A <, juris) entschieden, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien der Durchführung eines Asylverfahrens sowie der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Bundesgebiet nicht entgegenstehe, da das Asylsystem in Bulgarien insbesondere hinsichtlich bereits anerkannter Flüchtlinge unter systemischen Mängeln leide und betroffene Flüchtlinge daher nicht auf eine bereits in Bulgarien erfolgte Flüchtlingsanerkennung verwiesen werden könnten. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Einlegung der durch den Senat zugelassenen Revision das Verfahren ausgesetzt und gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingeholt (EuGH<Vorlage vom 02.08.2017 < 1 C 37/16 <, juris). Diese Vorabentscheidung steht derzeit noch aus. [...]