VG Minden

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Zitieren als:
VG Minden, vom 29.08.2018 - 10 L 937/18.A - asyl.net: M26532
https://www.asyl.net/rsdb/M26532
Leitsatz:

1. Die zweiwöchige Frist des Art. 5 Abs. 2 Satz 3 VO 1560/2013 für die Beantwortung eines Remonstrationsgesuchs ist nicht zwingend.

2. Der ersuchte Mitgliedstaat ist verpflichtet, ein Remonstrationsgesuch innerhalb angemessener Frist zu beantworten. Welche Frist angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Liegen keine besonderen Umstände vor, ist eine Frist von einem Monat angemessen.

3. Art. 5 Abs. 2 Satz 4 VO 1560/2003 ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die Antwortfrist gemäß Art. 22 Abs. 1 und Abs. 6 bzw. Art. 25 Abs. 1 VO 604/2013 die Frist für die Beantwortung des Remonstrationsgesuchs begrenzt.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Remonstration, Frist, Abschiebungsverbot, Aufnahmegesuch, besonders schutzbedürftig, Schwerbehinderung,
Normen: VO 1560/2013 Art. 5 Abs. 2 S. 3,
Auszüge:

[...]

In der deutschen Fassung des Art. 5 Abs. 2 Satz 3 VO 1560/2013 heißt es, dass der ersuchte Mitgliedstaat auf ein Remonstrationsgesuch binnen zwei Wochen eine Antwort erteilt. Diese Frist ist hier nicht eingehalten, weil die Zustimmung der italienischen Behörden zur Aufnahme der Antragstellerin erst am 18. Juni 2018 beim Bundesamt eingegangen ist. Jedoch ist die zweiwöchige Frist des Art. 5 Abs. 2 Satz 3 VO 1560/2013 entgegen dem Anschein, den die deutsche Fassung erweckt, nicht zwingend. Dies folgt aus dem Wortlaut anderer Sprachfassungen. So heißt es z.B. in der englischen, französischen und niederländischen Fassung des Art. 5 Abs. 2 Satz 3 VO 1560/2003 anders als in der deutschen Fassung nicht "erteilt … eine Antwort", sondern "bemüht sich zu antworten" ("shall endeavour to reply", "s`efforce de repondre" bzw. "beijvert zich om … te antwoorden"). Demzufolge ist der ersuchte Mitgliedstaat lediglich verpflichtet, ein Remonstrationsgesuch innerhalb angemessener Frist zu beantworten. Welche Frist angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei das Ge-richt eine Frist von einem Monat auch ohne Vorliegen besonderer Umstände für angemessen hält (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 22. März 2018 - C-47/17 u.a. (X u.a.) -, curia.europa.eu, Rn. 85, 94 ff. und 113). [...]