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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 11.01.2018 - V ZB 178/16 - asyl.net: M26480
https://www.asyl.net/rsdb/M26480
Leitsatz:

§ 15 Abs. 6 Satz 4 AufenthG, wonach die richterliche Anordnung des Aufenthalts im Transitbereich eines Flughafens nur zulässig ist, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist, stellt keine strengeren Anforderungen an die erforderliche Prognose als § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG an die entsprechende Prognose bei der Abschiebungshaft.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Flughafenverfahren, Transitbereich, Abschiebungshaft, Zurückweisungshaft, Haftdauer, richterliche Anordnung, Richtervorbehalt,
Normen: AufenthG § 15 Abs. 6 S. 4, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 3,
Auszüge:

[...]

a) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, stellt § 15 Abs. 6 Satz 4 AufenthG, wonach die richterliche Anordnung des Aufenthalts im Transitbereich eines Flughafens nur zulässig ist, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist, keine strengeren Anforderungen an die erforderliche Prognose als § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG an die entsprechende Prognose bei der Abschiebungshaft.

§ 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, wonach die Abschiebungshaft unzulässig ist, wenn feststeht, dass die Abschiebung aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann, regelt nur die sog. Prognose, also die Prüfung, ob die Abschiebung innerhalb des Haftzeitraums möglich sein wird (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 11. Mai 2011 - V ZB 265/10, FGPrax 2011, 201 Rn. 9 [zu § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG aF]). Daneben muss der Haftrichter aber berücksichtigen, dass die Haft zur Sicherung der Abschiebung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist; vor diesem Hintergrund hat er auch zu prüfen, wie schnell die Abschiebung bei Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes erfolgen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 V ZB 20/12, FGPrax 2013, 130 Rn. 18).

Die Vorschrift des § 15 Abs. 6 AufenthG regelt die Anordnung des weiteren Transitaufenthalts seit der am 28. August 2007 in Kraft getretenen Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 2007, 1970) hingegen eigenständig. Sie verweist in Satz 5 über § 15 Abs. 5 Satz 2 nur auf § 62 Abs. 4 AufenthG und bestimmt damit die Höchstfrist von sechs bzw. 18 Monaten. Nicht Bezug genommen wird auf § 62 Abs. 1 und 3 AufenthG. Die Notwendigkeit einer Prognose im dargestellten Sinn und der auch für den Transitaufenthalt geltende Grundsatz, dass die Haft auf die kürzest mögliche Zeit zu beschränken ist (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, InfAuslR 2011, 450 Rn. 23; Beschluss vom 7. Juli 2011 - V ZB 116/11, juris Rn. 5; Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 90/13, Asylmagazin 2014, 57 Rn. 6), werden vielmehr in § 15 Abs. 6 Satz 4 AufenthG zusammengefasst. Hieraus erklärt sich die gegenüber § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG abweichende Formulierung; strengere Anforderungen an die bei einem Transitaufenthalt anzustellende Prognose sind damit nicht verbunden. [...]