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VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.07.2018 - 11 S 1298/18 (Asylmagazin 10-11/2018, S. 384) - asyl.net: M26471
https://www.asyl.net/rsdb/M26471
Leitsatz:

[Zur Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG zu Ausbildungszwecken:]

1. Wurde während des Asylverfahrens eine Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung erteilt, ist nach Abschluss des Asylverfahrens, wenn ein Anspruch auf Ausbildungsduldung nicht besteht, das Ermessen nicht derart reduziert, dass eine Ermessensduldung zu Ausbildungszwecken erteilt werden muss.

2. Straftaten, die dem Anspruch auf Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 S. 6 AufenthG entgegenstehen, sind auch bei der Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG von erheblicher Bedeutung, wenn letztere allein für eine Ausbildung erteilt werden soll, also andere dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen keine Rolle spielen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Asylverfahren, Straftat, Duldung, Ermessen, Jugendstrafe, Arbeitsgenehmigung, Ermessensduldung, Ausbildung, Ermessensreduzierung auf Null, humanitäre Gründe,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2 S. 3, AsylG § 61, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 4, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 6,
Auszüge:

[...]

12 a) Soweit der Antragsteller sich zum einen darauf beruft, dass er schon während seines Asylverfahrens im Rahmen der Aufenthaltsgestattung eine Beschäftigungserlaubnis zur Durchführung der Ausbildung erhalten habe, führt dies nicht auf einen Anordnungsanspruch.

13 Selbst wenn das Erteilungsermessen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG hier eröffnet wäre, wird dessen Ausübung allein durch die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis während des Asylverfahrens jedenfalls nicht in dem Sinne gesteuert, dass nach Abschluss des Asylverfahrens eine Duldung zu Ausbildungszwecken erteilt werden müsste oder nur noch unter besonderen Umständen versagt werden könnte. Denn die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis während des Asylverfahrens folgt anderen Regeln als die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis oder gar einer (Ausbildungs-)Duldung nach dem Aufenthaltsrecht. Das AsylG enthält hierfür besondere Beschränkungen und Fristen (vgl. § 61 AsylG), während das Aufenthaltsrecht schon grundsätzlich ein anderes Regelungskonzept verfolgt, in dem eine Erwerbstätigkeit - gerade auch ohne Aufenthaltstitel - nur unter spezifisch aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen vorgesehen ist. Deshalb können bei der Erteilung einer Duldung zu Ausbildungszwecken nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG ganz andere Erwägungen maßgeblich sein als diejenigen, die für die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis während des Asylverfahrens den Ausschlag gegeben haben.

14 Ein Vertrauenstatbestand über den Abschluss des Asylverfahrens hinaus entstand hier auch nicht dadurch, dass das voraussichtliche Ende der Ausbildung - der 29. Februar 2020 - in der Beschäftigungserlaubnis erwähnt wurde. Die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung selbst, in die diese Erlaubnis als Nebenbestimmung aufgenommen worden war, war ihrerseits nämlich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 AsylG) - erkennbar - deutlich kürzer befristet. [...]

17 Diese Straftat steht der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG unstreitig entgegen, § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG. Diese - zwingende - Regelung kann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn statt der eigentlich einschlägigen Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nunmehr eine Ermessensduldung zu Ausbildungszwecken nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG begehrt wird. Was das Verhältnis von § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG im Fall von Ausbildungen angeht, so hat der erkennende Senat zwar darauf hingewiesen, dass der Regelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG wohl nicht zwingend eine Sperrwirkung dergestalt zukommt, dass bei einem Ausbildungsverhältnis, welches nicht hierunter fällt, eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG von vornherein ausgeschlossen wäre (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.01.2017 - 11 S 2301/16 -, juris, Rn. 24). Steht jedoch der Erteilung einer Ausbildungsduldung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG die Straffälligkeit des Antragstellers entgegen (§ 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG), kommt diesem Umstand auch bei der Ermessensentscheidung über eine Duldung nach Art. 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG jedenfalls dann erhebliches Gewicht zu, wenn die Duldung ausschließlich zu Ausbildungszwecken erteilt werden soll. [...]